Streit um Drogeriemarkt Und wieder droht Aldi der Stadt Bonn

BONN · Der jahrelange Streit der Stadt Bonn mit dem Discounter Aldi um eine Neuansiedlung der Firma in Kessenich ist noch nicht ausgestanden, da muss die Verwaltung sich erneut mit der Drohung einer Schadensersatzforderung seitens des Unternehmens in Millionenhöhe auseinandersetzen. Im aktuellen Fall geht es um 1,65 Millionen Euro.

 Auf seinem Gelände am Rande der Nordstadt will Aldi einen Drogeriemarkt ansiedeln. Wo genau, will das Unternehmen nicht sagen.

Auf seinem Gelände am Rande der Nordstadt will Aldi einen Drogeriemarkt ansiedeln. Wo genau, will das Unternehmen nicht sagen.

Foto: Nicolas Ottersbach

Hintergrund ist ein Streit um einen Bauvorbescheid zur Errichtung eines Drogeriemarktes auf dem Aldi-Gelände in der Nordstadt an der Brühler Straße. Den Antrag hatte die städtische Baubehörde vor zwei Jahren aufgrund einer Veränderungssperre für das Grundstück und mit Verweis auf das sogenannte Zentrenkonzept abgelehnt. Die Begründung: Ein Drogeriemarkt an der Stelle sei zentrenschädlich, weil er das Nahversorgungszentrum am Paulusplatz in Alt-Tannenbusch beeinträchtige. Das wollte der Discounter nicht hinnehmen und klagte vor dem Verwaltungsgericht Köln.

Anfang Dezember, so teilt die Verwaltung nun in einer Vorlage im nichtöffentlichen Teil des Planungsausschusses mit, kam es zur mündlichen Verhandlung des Falls. Dabei habe die Kammer "verschiedene rechtliche Hinweise zu einem möglichen Abweichungsmangel des Bebauungsplanes und zu einer möglichen Unwirksamkeit der Veränderungssperre wegen fehlerhafter Bekanntmachung des Aufstellungsbeschlusses gegeben", erklärt die Verwaltung im schönsten Beamtendeutsch. Im Klartext: Die Chancen der Firma Aldi, vom Gericht wegen eines Formfehlers Recht zu bekommen, stehen offensichtlich nicht schlecht.

Die Stadtverwaltung schränkt zwar ein, dass sie den Einwänden des Gerichts "argumentativ" entgegentreten könnte. Das Ergebnis einer Bewertung durch das Verwaltungsgericht sei jedoch ungewiss. Es bestehe also ein "nicht unerhebliches Prozess- und Schadensersatzrisiko". Deshalb beabsichtige die Verwaltung, Aldi den geplanten Bau eines Drogeriemarktes jetzt doch zu genehmigen. Zumal eine aktuelle Überprüfung ergeben habe, dass im eigentlich zu schützenden Nahversorgungszentrum am Paulusplatz Drogerieartikel ohnehin nicht angeboten würden, so dass negative Auswirkungen dort überschaubar seien.

Ein Sinneswandel, über den so mancher Politiker nur mit dem Kopf schütteln kann. Wie Frank Thomas. "Letztlich zeigt sich mal wieder, wie wenig geeignet ein Zentrenkonzept zur Steuerung von Einzelhandelsansiedlungen ist", sagte der FDP-Ratsherr. Seine Fraktion sei ohnehin stets für den Bau des Drogeriemarktes an der Stelle gewesen, und habe nie nachvollziehen können, warum das ausgerechnet dort, wo sich in unmittelbarer Nachbarschaft zum Aldi auch ein Textil- und ein Schuhdiscounter befinden, nicht möglich sein soll. "Jetzt sollte alles versucht werden, die Kosten für die Stadt gering zu halten", sagte Thomas.

Auch die CDU wolle sich den Aldi-Plänen nun nicht mehr entgegenstellen, sagte Ratsherr Bert Moll. Es sei aber unbedingt erforderlich, dass das Planungsamt in Zukunft fachlich und personell besser aufgestellt werde, um solche Pannen künftig zu vermeiden. Der Firma Aldi warf Moll vor, "ihre Interessen hemmungslos durchsetzen zu wollen" . Der Vorsitzende des Bonner Planungsausschusses, Rolf Beu (Grüne), meinte, "wir haben uns dafür ausgesprochen, die bestehenden Tannenbuscher Einkaufszentren Paulusplatz und Tannenbusch-Mitte zu stärken und nicht durch ein benachbartes drittes zu gefährden."

Pierre Becker-Rosenfelder, stellvertretender Sprecher des Verwaltungsgericht Köln, erklärte dem GA, das Gericht habe noch keine Entscheidung gefällt. "Letzte Woche hat die Stadt Bonn mitgeteilt, dass sie mit Aldi versucht, eine außergerichtliche Einigung zu erzielen. Von daher wird es in der nächsten Zeit auch noch kein Urteil geben, da die Kammer nun abwartet, ob sich die Beteiligten einigen können", sagte er. Weder Aldi noch die Stadt wollten zu dem Rechtsstreit Stellung nehmen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort