Grundschulen in Bonn Rektorenstellen: Stadt liegt weit über dem Landesdurchschnitt

BONN · Was eine Traumschulleiterin leisten muss? Die Kinder der Erich-Kästner-Gemeinschaftsgrundschule (GGS) wissen das beim gestrigen Antritt ihrer neuen Rektorin Martina Kißgen ganz genau. "Nett soll sie sein und nicht schimpfen", kommt als Erstes.

 Nach zweijähriger Vakanz begrüßt Schulrat Andreas Paul Martina Kißgen als neue Schulleiterin .

Nach zweijähriger Vakanz begrüßt Schulrat Andreas Paul Martina Kißgen als neue Schulleiterin .

Foto: Barbara Frommann

Ein Schwimmbad mit Wasserrutsche soll sie bauen, oder mindestens eine Schaukel auf dem Schulhof, liest Lehrer Sebastian Scholz vor. Ach ja, und jeden Tag schulfrei zu geben, wäre auch nicht schlecht. Für gute Laune war nach dem für alle Klassen obligatorischen Indianertanz auf jeden Fall gesorgt, als Bürgermeisterin Gabriele Klingmüller und Schulrat Andreas Paul der 48-jährigen "Neuen" viel Erfolg wünschten.

Sie wolle die Stärken der Einrichtung für eine enge Verzahnung von Unterricht und Offener Ganztagsschule nutzen, verrät Kißgen selbst dem GA. Und in guter Kommunikation mit allen im Schulleben den Standort gerade im Hinblick auf Gemeinsames Lernen weiterentwickeln.

Das kommt nicht von Ungefähr. Die Mutter von erwachsenen Zwillingen war bis jetzt Bonner Inklusionskoordinatorin. Warum wechselt eine Frau von dieser Position auf den landläufig als wenig attraktiv eingeschätzten Posten einer Grundschulrektorin? Waren doch laut Schulministerin Silvia Löhrmann zum Stichtag 19. Februar 2015 in NRW-Grundschulen von insgesamt 2825 Leitungsstellen 359 vakant. Ganze 12,7 Prozent Grundschulen mussten also in NRW ohne Rektoren auskommen. Und das gelte seit vielen Jahren in unveränderter Größenordnung, warnte Löhrmann.

Schulleitungen aller 52 Grundschulen besetzt

Die GA-Anfrage nach den aktuellen Bonner Zahlen weist die Stadt an die Bezirksregierung. Und die äußert sich nur für den Regierungsbezirk Köln: Da betrügen die Rektorenvakanzen, auf städtische Einrichtungen bezogen, bei Grundschulen 7,2 Prozent, bei Hauptschulen jedoch 29,2 Prozent und bei Realschulen 11,7 Prozent. Bei Gymnasien und Gesamtschulen seien sie verschwindend gering.

Wie viele Rektorenstellen sind nun aber in Bonn verwaist? Die GA-Recherche ergibt Erstaunliches: Nach Online-Angaben sind derzeit mit Martina Kißgen die Schulleitungen aller 52 Grundschulen besetzt, also auch die der 29 katholischen, zwei evangelischen und zwei privaten. Auch alle fünf Bonner Hauptschulen haben demnach aktuell Rektoren. Und bei den neun Realschulen ist nur die Rektorenstelle in Hardtberg zu vergeben. Damit scheint Bonn im Landesdurchschnitt ungemein gut abzuschneiden.

Freya Johannsen von der Bezirksregierung nennt nämlich als häufige Gründe für Vakanzen das Auslaufen von Haupt- und Realschulen und, dass die Ausschreibungen bei Grundschulen "mitunter leer laufen". Warum gerade bei Grundschulen? "Weil das Gehalt für so eine verantwortungsvolle Aufgabe nicht stimmt", meint die Schulausschussvorsitzende Dorothee Paß-Weingartz.

Lehrer arbeiteten ohnehin am Limit ihrer Kapazitäten. Rektoren müssten zusätzlich Konflikte aushalten. "Und wenn dann eine Grundschulleitung nicht mehr verdient als ein normaler Lehrer weiterführender Schulen, bewerben sich fast nur Frauen." Was der Blick auf die Bonner Schullandschaft belegt: Von den 52 Grundschulrektoren sind nur neun männlich.

Martina Kißgen jedenfalls beendete gestern als "leidenschaftliche Lehrerin" gerne die dortige zweijährige Vakanz. Ihre Bewerbung gab die Inklusionskoordinatorin nicht zufällig bei der GGS Erich-Kästner ab: "Die fällt durch die positive Haltung gegenüber Vielfalt und Individualisierung auf.

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