ARD überträgt Karfreitag live aus der Kreuzkirche Proben für den TV-Gottesdienst

BONN · Gerhard Schäfer ist in einen 22-seitigen Zeitplan vertieft. "Proben wir nun zum Fluchtthema? Oder sind erst die Schülerinnen dran?", fragt der Pfarrer der Kreuzkirche.

 Fakoun Ghalati und Erich Frehse proben mit Petra Schulze für den TV-Gottesdienst

Fakoun Ghalati und Erich Frehse proben mit Petra Schulze für den TV-Gottesdienst

Foto: Barbara Frommann

Und hat die Antwort schnell gefunden. Die Siebtklässlerinnen Louisa Schnetzel und Luana Siantes werden eine halbe Stunde später ihren Redebeitrag über Mobbing üben kommen. Jetzt eilen Pfarrer Erich Frehse von der evangelischen Migrations- und Flüchtlingsarbeit und ein Betroffener aus dem syrisch-irakischen Kriegsgebiet ins Gotteshaus.

"Ihr Text über die Wunden, die die Flucht schlägt, steht seit langem. Jetzt stoppen wir die Zeit. Vielleicht müssen wir noch kürzen", erläutert Schäfer, die Uhr in der Hand. Der mit WDR-Landespfarrerin Petra Schulze vereinbarte Ablaufplan muss schließlich minutiös stimmen: Am Karfreitag ab 10 Uhr will das ARD-Fernsehen seinen Karfreitagsgottesdienst aus der evangelischen Kreuzkirche übertragen. Da soll doch alles klappen. Das Schäfer-Team übt seit Tagen.

Die Karfreitag-Crew besteht für diesen mit 90 Minuten extra lange Gottesdienst aus knapp 140 Personen. "Wir Pfarrer, die Vikarin, die Krankenhauspfarrerin, der Presbyter für die Lesung, der Organist, die Kantorin und alle Chorsänger und Instrumentalisten", geht Schäfer die Liste durch. Nicht zu vergessen das für dieses Ereignis sechsköpfige Hausmeisterteam. Jede Menge Kameraleute und Tontechniker werden zur Generalprobe am Gründonnerstag und zur Aufnahme am Karfreitag durch Kirche und Gemeindehaus wuseln: in der Kirche Kabel legen, vielleicht eine Leinwand aufstellen für den vorbereiteten Kurzfilm von Georg Divossen, den die Fernsehzuschauer als Einspieler sehen werden.

"Das mit der Leinwand ist noch nicht entschieden", sagt Schäfer. Radioaufnahmen hat er in seiner Zeit als Pfarrer schon kennengelernt. "Aber Fernsehen ist dann doch eine Nummer größer." Zumal ja auch sämtliche sonstigen Osterveranstaltungen in der Kreuzkirche reibungslos stattfinden müssen.

Am Karfreitag erinnerten Christen an das Leiden und Sterben Jesu, dargestellt in den fünf Wundmalen Christi am Kreuz. "Wir werden einen Gottesdienst lang fragen: Welche Wunden gibt es heute?", berichtet Schäfer. Da seien, heute wieder hochaktuell, Kriegswunden: 70 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs steige man im Film noch einmal in den Bunker unter der Kreuzkirche. Live habe man einen heutigen Flüchtling dabei. Es gehe um schwierige Situationen zu Hause oder in der Schule und darum, wie eine Krankheit das Leben verändere. Auch die schreckliche Flugzeugkatastrophe werde noch thematisch eingebaut.

Chor und Instrumentalisten werden das "Stabat mater" von Josef Gabriel Rheinberger aufführen. Sozusagen als roter Faden werden Yoshiko Waki und Mack Kubicki immer wieder durchs Kirchenschiff tanzen. Schäfer wird häppchenweise predigen. "Das machen die im Fernsehen so", sagt er lächelnd.

Davon, dass Wunden zur Gefährdung werden, die das Leben bedrohen, aber auch eine Gabe sein könnten, "die unserem Leben eine neue Richtung geben", wird der Pfarrer predigen. Dafür, dass uns das gelinge, sei Jesus seinen Weg ans Kreuz gegangen. "Es geht um die Lebensmöglichkeit des Beistehens. Dazu verhilft uns am Karfreitag der Blick auf das Kreuz."

Ob er auch da noch leicht kürzen muss, weil der Zeitplan ganz genau stimmen muss? Schäfer ist für den Kollegen Frehse und den Kriegsflüchtling jetzt wieder in den Ablaufplan versunken. "Die beiden haben vorher in der dritten Bankreihe im Mittelgang gesessen und kommt dann nach vorne", liest Schäfer vor. Schmunzeln. Und dann ein "Wird schon klappen".

Der ARD-Gottesdienst steht am Karfreitag, 3. April, ab 10 Uhr unter dem Motto "Mit Wunden leben lernen". Es geht um Wunden der Vergangenheit etwa aus Kriegserfahrungen, die sich auch an der Kreuzkirche selbst noch ablesen lassen. Aber auch um Wunden von Flüchtlingen heute und Menschen, die an Leib oder Seele verletzt sind. Wegen der Liveübertragung wird gebeten, die Plätze in der Kreuzkirche, Kaiserplatz, bis 9.30 Uhr einzunehmen.

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