Haus Dottendorf Pfleger werfen Kollegen Sabotage vor

BONN · Enttäuschung und Tränen: Nach der Schließung von Haus Dottendorf am Mittwochabend sind nicht nur Bewohner und Angehörige bestürzt, sondern auch die Pfleger. Am Donnerstag meldeten sie sich zu erstmals Wort und kritisierten das Vorgehen der Heimaufsicht.

Ihr Vorwurf lautet: Jemand habe bewusst die Kontrollen der Medikamente manipuliert. Diese Hinweise aus dem Kreis der Pfleger sind auch dem Betreiber, der Senator GmbH aus Dortmund, bekannt, wie dessen Sprecher Klaus Januschewski bei der gestrigen Pressekonferenz im Heim angab. Das Personal saß im Publikum und sprach sich nach anfänglichem Zögern offen aus. "Profis stellen Medikamente, und die sind dann plötzlich vertauscht. Das kann nicht sein", sagte Jasmin Vellen, die seit drei Jahren im Haus Dottendorf arbeitet. "Trotz mehrfacher Überprüfung finden sich immer wieder abgelaufene Medikamente", ergänzte eine Kollegin.

Angefangen habe alles mit anonymen Briefen, in denen die Rede von Körperverletzungen und Verwahrlosung gewesen sei. "Ich verstehe nicht, wie Menschen so was sagen können", sagte Vellen. "Es ist fürchterlich, dass Kollegen so etwas tun, um uns zu schaden", sagte Pflegefachkraft Andrea Fink. Im Blick habe man gekündigte und unzufriedene Mitarbeiter. Laut Bodo Barwig, Geschäftsführer von Senator NRW, wurden inzwischen an wichtigen Türen, etwa an den Schwesternzimmern, die Schlösser ausgetauscht.

26 Mitarbeiter haben einen Brief unterschrieben, in dem das Kölner Verwaltungsgericht kritisiert wird. Das hatte den Weg für die Schließung am Mittwochabend freigegeben. Laut Stadt verließ der letzte Bewohner das Haus um 20.30 Uhr. "Wir haben uns gestern dafür entschieden, dass die Verlegungen sofort stattfinden sollen, auch weil die Menschen bereits den ganzen Tag darauf gewartet hatten", sagte Bonns Sozialdezernentin Angelika Maria Wahrheit.

Andrea Fink behauptet, die Heimaufsicht habe sie in den Tagen vor der Schließung unterstützen wollen, eine andere Arbeitsstelle zu finden - was die nicht darf. "Diesen Vorwurf weisen wir ausdrücklich zurück", sagte Vize-Stadtsprecher Marc Hoffmann auf GA-Anfrage. Maria Gutschmidt, seit 17 Jahren in Haus Dottendorf, ärgerte sich, dass die Heimaufsicht sie während der Überprüfungen bei ihrer Arbeit gestört habe. Laut Hoffmann habe man diese Beeinträchtigungen so gering wie möglich halten wollen.

Nach Feststellung der Missstände seien die Mitarbeiter beraten worden. Es habe sich aber nichts geändert, so dass es zur Anordnung der Schließung gekommen sei. "Wir werden versuchen, dass Haus so schnell wie möglich wieder zu öffnen und die Bewohner zurückzuholen", sagte Januschewski. Er denkt, dass die rund 80 Mitarbeiter bald wieder eine Anstellung finden werden.

Auch gestern waren die Ermittler noch einmal in Haus Dottendorf und beschlagnahmten die Patientenakten der zuletzt verlegten Bewohner. Das bestätigte Staatsanwaltschaftssprecherin Monika Volkhausen. Auch diese Akten sollen nun ausgewertet werden. Wie berichtet, ermittelt die Staatsanwaltschaft in zwei Fällen wegen fahrlässiger Tötung. Wie die Sprecherin weiter mitteilte, sind einige der beteiligten Personen inzwischen bekannt. Vor allem eine Pflegerin sei im Visier der Ermittler.

Allerdings müssten noch Dienstpläne gesichtet werden, um die genauen Einsätze zu prüfen. Zur Todesursache könne man jedoch noch keine Angaben machen, so die Sprecherin. Wie der GA aus zuverlässiger Quelle erfuhr, gestaltet sich diese Ermittlung schwierig, weil die Leichen der beiden im Heim verstorbenen Männer nicht obduziert werden können: Sie wurden eingeäschert.

Chronologie der Heimschließung

  • 19. Januar: Die Bonner Heimaufsicht kündigt an, dass 65 Bewohner in den Pflegestufen 2 und 3 das Haus verlassen müssen.
  • 22. Januar: Die Senioren ziehen in einer Hau-Ruck-Aktion um. Der Grund: "gefährliche Pflege". Die Staatsanwaltschaft Bonn ermittelt wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung in zwei Fällen. Bis heute ist man beschäftigt, die vielen Patientenakten zu sichten und zu prüfen.
  • 26. Januar: Nach intensiver Prüfung entscheiden Heimaufsicht und Medizinischer Dienst der Krankenversicherung, Haus Dottendorf zu schließen.
  • 4. Februar: Zwei beim Verwaltungsgericht Köln eingereichte Eilanträge des Heimbetreibers sowie tags darauf ein Widerspruch vor dem Oberverwaltungsgericht Münster nutzen am Ende nichts: Am Abend müssen die übrigen Bewohner ausziehen.
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort