Unwetter in Bonn Land unter in Mehlem und Endenich

BONN · Das Unwetter in der Nacht zu Mittwoch war kurz, aber heftig: Mehr als 150 Einsätze zählte die Bonner Feuerwehr. Auch Mitarbeiter des THW, Bonnorange und das Tiefbauamt rückten aus.

45 Minuten war Zeit in Endenich, um Hab und Gut in Sicherheit zu bringen. "Mit einem Mal kam dann eine Flutwelle auf uns zu", beschrieb Dieter Behrenbruch, der mit Anwohnern und Feuerwehr versuchte, die Endenicher Burg zu schützen - vergebens. Wieder stand das Wasser 30 Zentimeter hoch in den Räumen, auch der Vorhof war überschwemmt.

Dabei hatte die Stadtverwaltung erst vor kurzem Schutzplatten angeschafft, die mit Magneten vor die Außentüren gesetzt werden. "Das System ist genial einfach, aber keiner hat uns gesagt, dass es schon fertig ist", so Behrenbruch.

Noch schlimmer: Die Schutzplatten lagerten sogar in der Burg. Stattdessen versuchte die Feuerwehr mit Biertischgarnituren ein Provisorium zu bauen. Diesen Samstag hätte es sogar eine Einführung für die neuen Spundwände geben sollen. Warum niemand wusste, dass sie schon nebenan lagerten, blieb unklar. "Wir können den Vorgang nicht mehr aufklären", sagte Elke Palm vom Presseamt.

Grund für die Überflutung war das Überlaufbecken Am Burggraben, dass den Bach nicht auffangen konnte. Sogar einer der zwei massiven Metallrechen, die Treibgut - darunter komplette Baumstümpfe - abfischen sollen, hielt nicht stand. Im Becken selbst blieb Feuerwehr und THW nur übrig, die das Holz mit einem Greifer herauszuholen. Dabei wurde auch ein weiteres Gitter beschädigt. Gegen 1.30 Uhr hatten es die Helfer geschafft: Das Treibgut war weg, das Wasser floss ab.

Aus Sicht von Uwe Blöhs, der seit rund 50 Jahren Am Burggraben wohnt, war die Überschwemmung "hausgemacht". Er sieht einen Zusammenhang zu dem Bau des Regenrückhaltebeckens und eines Wehrs vor einigen Jahren: "Seitdem haben wir hier regelmäßig Überschwemmungen".

Große Sorgen bereitete das Unwetter auch in Mehlem. Die Regenfälle ließen den Mehlemer Bach gegen 0.30 Uhr zu einem reißenden Gewässer anschwellen und bescherten der Mehlemer Löschgruppe um Daniel Reckert viel Arbeit.

Knietief im Wasser watend, versuchten Reckert und 22 Kameraden an dem Bacheinlass unter der Mainzer Straße mit Harken zu verhindern, dass sich allzu viel Treibgut an den Geländern entlang des Baches verfing. Dass hätte womöglich zu einem weiteren Aufstauen der Fluten und Überschwemmungen geführt.

Juli 2014: Niederschlagsrekord seit 166 Jahren Zahlreiche Schaulustige und Anwohner der Mainzer Straße verfolgten bei strömendem Regen die Arbeiten. Reckert ging nach Mitternacht von einem Wasserstand von 2,50 Meter über Normal aus. Sonst sei der Bach etwa 30 Zentimeter tief. Um weitere rund 1,20 Meter hätte der Pegel noch ansteigen dürfen, so schätzte Einsatzleiter Reckert, dann wäre das Wasser auf die Mehlemer Straße gelaufen: "Das hätten wir dann nicht mehr verhindern können."

Genau davor hatten viele Hausbesitzer nach 2010 und 2013 Angst. Darum traf auch Irena Quantius noch in der Nacht Vorsichtsmaßnahmen. Unterstützt von Helfern errichtete sie mit Sandsäcken und einem speziellen Holzbrett eine Barriere vor ihrer Haustür.

Damit wäre zwar die Tür dicht, doch Quantius gab sich keinen Illusionen hin: "Das Wasser wäre dann am Haus vorbei nach unten und dort in den Keller gelaufen." Rasch folgte dann die Entwarnung, der Wasserstand fiel wieder. Bis zu dem Zeitpunkt hatte sich der Schaden in Grenzen gehalten, nur in ein Schreibwarengeschäft unmittelbar am Bach war das Wasser knöcheltief in den Keller gedrungen, so die Feuerwehr.

[kein Linktext vorhanden]Immer wieder gingen bei der Rettungsleitstelle Notrufe über vollgelaufene Keller und drohende Überschwemmungen aus dem gesamten Stadtgebiet ein. Ein Brand am Hochstadenring war am Mittwochmorgen laut Feuerwehr durch einen nass gewordenen Sicherungskastens entstanden.

Wegen Überflutungen mussten in der Nacht die Süd- und die Nordunterführung am Hauptbahnhof gesperrt werden. Die Dächer des Stadthauses widerstanden dem Starkregen, die Regenrohre jedoch nicht. So drang Wasser in Leitwarte, Poststelle und Aktenräume im Keller.

Auch die öffentlichen Präsenzbibliothek im Stadtarchiv stand unter Wasser. Der Schaden ist laut Stadtverwaltung gering. In der Sporthalle Wasserland plätscherte es durch das Dach. In der Engelsbachschule liefen Flur und Heizungskeller voll, ebenso wie das Untergeschoss der Erich-Kästner-Grundschule.

"Solche Einsatzlagen sind ohne die Freiwillige Feuerwehr nicht zu bewältigen", sagte Jörg Schneider von der Berufsfeuerwehr. Unterbrandmeister René Raffel kam erst um vier Uhr nachts ins Bett, wie viele seiner Kameraden. Michael Krupp und Tobias Fries fielen deshalb bei einem Einsatz in der Dottendorfer Straße am Mittwochmittag fast die Augen zu, wenn sie für einen Moment mal nichts zu tun hatten. Im Keller des Geschäfts von Thomas Klinghammer mussten die beiden Wehrmänner Wasser abpumpen, das 30 Zentimeter hoch gestiegen war.

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