Gefährliche Krankenhauskeime Kliniken fordern mehr Personal

BONN · Die Zahlen sind alarmierend: Immer mehr Menschen sterben infolge einer Infektion mit gefährlichen resistenten Krankenhauskeimen.

 Hygiene im Krankenhaus ist das A und O im Kampf gegen Keime. Fachleute warnen, dass es auch in Deutschland dabei noch Defizite gibt.

Hygiene im Krankenhaus ist das A und O im Kampf gegen Keime. Fachleute warnen, dass es auch in Deutschland dabei noch Defizite gibt.

Foto: dpa

Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) hat kürzlich einen Zehn-Punkte-Plan vorgestellt, mit dem das Problem wirksamer bekämpft werden soll - durch konsequente Tests von Risikopatienten bei der Aufnahme ins Krankenhaus, durch den Ausbau des Hygienepersonals, durch verschärfte Meldepflichten gefährlicher resistenter Erreger.

Die Bonner Krankenhausgemeinschaften begrüßten auf GA-Anfrage den Vorstoß des Bundesgesundheitsministeriums. Doch es müsse auch sichergestellt werden, dass der höhere Aufwand personell und damit finanziell gestemmt werden könne, mahnten die Bonner Krankenhäuser.

Angesichts immer widerstandsfähigerer Krankenhauskeime und einer sehr hohen Zahl an Todesfällen - von bis zu 15 000 pro Jahr allein in Deutschland ist die Rede - sind die Fachleute alarmiert. So auch Professor Martin Exner, Direktor des Instituts für Hygiene und Öffentliche Gesundheit an der Bonner Uniklinik: "Ich war vor kurzem auf einer Fachkonferenz in Indien.

Dort stellte sich die Situation weltweit dramatisch dar. Die Antibiotika-Resistenz ist mittlerweile ein Problem wie der Klimawandel." In Indien beispielsweise seien die Verhältnisse bei den sogenannten multiresistenten gramnegativen Erregern dramatisch. "Solche Keime werden auch nach Deutschland eingeschleppt", warnte Exner.

Edith Fischnaller, die als Hygienefachärztin der GFO-Kliniken auch für das Marienhospital in Poppelsdorf und St. Josef in Beuel zuständig ist, gibt zu bedenken, dass die Umsetzung des Gröhe-Plans in personeller Hinsicht schwierig werde: "Wir haben nicht genug Fachärzte auf dem Markt."

Mit ihr habe man eine Hygienikerin für alle GFO-Kliniken und drei Pflegekräfte in Beuel und Poppelsdorf, die in Sachen Hygiene ausgebildet seien. Hinzu kämen, wie in allen Krankenhäusern, angemeldete, aber auch spontane Kontrollen beispielsweise des städtischen Gesundheitsamtes.

Fischnaller ist kein Fall bekannt, wo in den GFO-Kliniken ein Patient in den vergangenen Jahren infolge einer Krankenhauskeiminfektion gestorben sei. Besonders bedroht seien alte Patienten oder Frühgeborene, deren Abwehrkräfte schwach seien.

Fragen und Antworten"Die Johanniter Kliniken Bonn setzen viele der Vorschläge des Zehn-Punkte-Plans ohnehin schon um", sagte Ralf Mader, Sprecher der Johanniter GmbH, die das Johanniter- und Waldkrankenhaus leitet. "Beispielsweise screenen, also testen wir gefährdete Patienten schon seit Jahren auf hochresistente Keime. Dadurch erkennen wir Risikofälle, noch bevor es zu Infektionen kommen kann."

Auch wenn die geforderten zusätzlichen Meldepflichten sinnvoll seien: Der Minister bleibe derzeit noch die Antwort schuldig, wer die Zusatzkosten an Aufwand und Personal, aber auch an erforderlichen Investitionen in den Krankenhäusern tragen soll, so Mader.

Auch das Bonner Gemeinschaftskrankenhaus in der Südstadt begrüßt Gröhes Plan, weist jedoch darauf hin, "dass wir für die Umsetzung Geld brauchen", so Sprecherin Katharina Müller-Stromberg. Wenn die Meldepflicht verschärft werde, müsse das Personal entsprechend aufgestockt werden.

Zurzeit gebe es auf jeder Station im Gemeinschaftskrankenhaus Hygienebeauftragte. Auch Müller-Stromberg ist kein Fall bekannt, wo ein Patient infolge einer Keiminfektion gestorben sei.

Positiv bewertete auch das Bonner Gesundheitsamt den Zehn-Punkte-Plan. Alle Maßnahmen zur Hygiene-Schulung und zu einer Förderung der Hygienestandards seien im Sinne der Patientensicherheit zu begrüßen. Das Gesundheitsamt engagiert sich im 2010 gegründeten überkommunalen Netzwerk "mre-netz regio rhein-ahr". Hauptziel ist eine Koordination des infektionshygienischen Managements in Gesundheits- und Gemeinschaftseinrichtungen in Bonn, Köln und den beteiligten Kreisen.

Hygiene-Experte Exner von der Uniklinik gab aber auch zu bedenken, dass es nicht ausreiche, nur national zu handeln. "Die Situation spitzt sich weltweit zu, da unkontrolliert Antibiotika verabreicht werden." Ein "energisches politisches Gegensteuern" sei wichtig. Immerhin: Die Weltgesundheitsorganisation WHO erstellt bis Mai einen globalen Aktionsplan zur Bekämpfung von Antibiotika-Resistenzen.

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