Fällung von Ginkgobäumen Kampf dem Gestank

BONN · Niemand ist perfekt. Auch ein Ginkgo nicht. Der Baum ist prächtig anzuschauen, wächst gut und macht mit seinem frischen Grün richtig was her. Wenn da nur nicht die abartig stinkenden Früchte der weiblichen Ginkgos wären.

Die knallen ab dem Herbst zu Tausenden aufs Pflaster auf gären dann. Zurzeit häufen sich bei der Stadt die Bürgeranträge, in denen die Fällung gewünscht wird. Sie standen auf den Tagesordnungen der Bezirksvertretungen Bonn, Bad Godesberg und Beuel.

Es dauert seine Zeit, bis alle Früchte am Boden liegen - nämlich von Oktober bis in den Februar hinein. Man wundert sich, wo sie alle herkommen. Die Straße ist voll davon, und trotzdem hängen noch unzählige am Baum. Der penetrante Geruch nach Buttersäure breitet sich zwar nicht so weit aus: Wer ein paar Meter vom Ginkgo entfernt steht, nimmt ihn kaum noch wahr. Aber wehe, man tritt in die Pampe hinein und trägt sie so in die Teppichböden zu Hause. "Das ist nachhaltig", verspricht Günther Timmermann vom Amt für Stadtgrün. Dessen Baumkontrolleure können ein Lied davon singen, wie sich der Gestank in ihren Dienstfahrzeugen ausbreitet.

Da fragt man sich, wieso überhaupt jemand auf die Idee kam, Ginkgos in Bonn zu pflanzen. "Bäume sind eine Modeerscheinung", sagt Timmermanns Kollege Rolf Dung. In der Nachkriegszeit habe man Silberahorn und kanadische Pappeln gesetzt. In den 70er Jahren folgten Blauzeder und halt der Ginkgo. Laut Dung befinden sich auf den meisten Bäumen männliche und weibliche Blütenorgane. Äpfel etwa haben Stempel und Pollen. So kann also im Prinzip jeder Apfel auch Früchte tragen. Beim Ginkgo oder auch der Eibe existieren aber nur männliche und weibliche Pflanzen. Nur Letztere tragen die Früchte, deren Samen übrigens essbar sind und in der asiatischen Küche verwandt werden.

Also sollte man in der Stadt doch am besten die weiblichen Bäume weglassen. Das aber ist nicht möglich, weil Ginkgos erst nach 20 bis 40 Jahren ihr wahres Ich offenbaren - also die Fruchtreife einsetzt. "Das hat man in den 70er Jahren billigend in Kauf genommen", sagt Dung. Und so finden die Mitarbeiter der Stadt nur bei den Regelkontrollen im Herbst heraus, ob ein neuer Ginkgo mit Früchten hinzugekommen ist. Den Bürgerwünschen kommt man seit einigen Jahren nach:

  • Die Ginkgos an der Hugo-Haelschner-Straße in Kessenich wurden im Herbst 2006 gefällt und im Frühjahr 2007 durch Feldahorn ersetzt.
  • An der Vinzenzstraße in Pützchen/Bechlinghoven wurden 13 Ginkgos im Herbst 2010 gefällt. Ersatz kam im Frühjahr 2011.
  • Für Aufsehen sorgte die Fällung am Ernst-Moritz-Arndt-Gymnasium 2010. Einen geeigneten Ersatz sollten die Schüler finden.
  • Im Herbst 2014 wurden nach Beschluss in der Bezirksvertretung Bonn die bekannten weiblichen Ginkgos an der Zitelmannstraße in der Gronau abgesägt.

Anfangs hatte die Stadt immer alle Bäume ausgetauscht, auch ohne die Meinung der Politik einzuholen. "Im guten Glauben, wir machen alles richtig", sagt Dung. Dann habe es aber viele Proteste von Leuten gegeben, die die Bäume schön fanden. Wütende Bürger hätten sogar Begriffe wie "Baummörder" benutzt. Allerdings seien oft die Menschen gegen die Fällung, die nicht betroffen seien. Nach diesem Gegenwind empfehlen Dung und Timmermann allen, die sich über den Geruch beschweren, einen Bürgerantrag zu stellen. "Es ist ein Zufall, dass jetzt so viele behandelt werden", sagen die beiden.

Laut Stadt sind die meisten Fällungen erledigt. Dabei ging es um die Basteistraße, die Prinzenstraße (ein Baum) und den Petersbergweg. Die Theodor-Litt-Straße steht noch aus. "Letztlich sehen wir unsere Aufgabe aber darin, Bäume zu pflanzen und nicht zu fällen", sagt Dung. So wird es auch dem stattlichen weiblichen Ginkgo hinter der Godesberger Stadthalle nie an den Kragen gehen. Gestank hin oder her. Der steht nämlich im Park und stört niemanden.

Der Ginkgo hat auch Vorteile

Der Ginkgo stammt ursprünglich aus Ostasien und hat eine Stellung zwischen Laub- und Nadelbaum. Von Japan aus gelangten die ersten Ginkgos um 1730 nach Europa. Abgesehen davon, dass seine Früchte stinken, hat der Baum viele Vorteile. Er wächst schnell, wird selten krank und hält auch noch das Stadtklima gut aus. "Unterm Strich ist er von seiner Art her für Bonn gut geeignet", sagt Rolf Dung vom Amt für Stadtgrün. "Und er sieht auch noch schön aus."

An den Straßen im Stadtgebiet - der Fachmann spricht vom Verkehrsgrün - stehen derzeit 154 Fächerblattbäume (Ginkgo biloba).

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