Pille danach Gute Beratung in den Apotheken

BONN · Ab 15. März kann die "Pille danach" ohne Rezept in Apotheken gekauft werden. Die Diskussion über die Freigabe ist seitdem groß. Bischöfe warnten vor falscher Beratung, Frauenärzte befürchteten Sorglosigkeit von Teenagern.

 Apothekerin Mareike Hackbarth berät ausführlich über die "Pille danach".

Apothekerin Mareike Hackbarth berät ausführlich über die "Pille danach".

Foto: Barbara Frommann

Auch Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) war alarmiert. "Ob Apotheken im Notdienst an der Fensterklappe in ausreichender Weise beraten können, darüber lässt sich streiten", sagte er.

Gebracht hat der Widerstand nichts. Nach Beschluss des Bundestages gibt es die "Ellaone", die Pille danach, nun ohne Rezept in Apotheken zu kaufen. Aber wie läuft die Beratung dort tatsächlich ab? Ein Selbsttest in Bonn.

Was ich zunächst brauchte, ist eine Geschichte, nah an der Realität und so plausibel wie möglich. Meine Kenndaten behielt ich: Ich bin 21 und nehme seit fünf Jahren eine östrogen- und gestagenhaltige Pille. Die letzte Periode war neun Tage her. Dazu erfand ich, dass ich mit meinem Freund vor zwei Tagen übers Wochenende ins Ausland gereist sei. Am ersten Urlaubstag hätten wir Sex gehabt. Ich hätte erst danach gemerkt, dass ich die Pille zu Hause vergessen hatte.

Bevor ich losging, ließ ich mir von Frauenärztin Karin Siefert erklären, auf was ich bei der Beratung achten muss. "Die Apotheker sollten fragen, wie lange der Sex her ist und wann Sie Ihre letzte Periode hatten", sagte Siefert. Außerdem müsste sichergestellt werden, dass ich nicht schon schwanger sei. Stillen dürfte ich nach der Einnahme der Ellaone auch nicht. Als Mutter müsste ich mir Pidana, eine andere eisprungverzögernde Pille, vom Frauenarzt verschreiben lassen.

Es kann passieren, dass man sich nach der Ellaone übergibt, dann muss eine zweite eingenommen werden. Außerdem sollten die Apotheken Asthma und Allergien ausschließen. Sollte meine nächste Regelblutung deutlich schwächer ausfallen, müsste ich direkt einen Schwangerschaftstest beim Arzt machen. Denn die Pille treibe nicht ab, sondern verschiebe nur den Eisprung.

Deswegen sollte die Pille danach so schnell wie möglich eingenommen werden - maximal fünf Tage nach dem Geschlechtsverkehr. Zu einer Abbruchblutung käme es nicht. "Außerdem sollten die Apotheker Sie in ein Zimmer führen, wo das Gespräch intim ablaufen kann", sagte Seifert. Zwar kann man die Anti-Baby-Pille ganz normal weiternehmen, muss aber bis zur nächsten Periode mit Kondom verhüten.

In der Bahnhofsapotheke war die Überraschung groß. "Moment, da muss ich erst einmal die Unterlagen holen", hieß es. Es wurde kurz mit der Kollegin geredet, ein mitfühlender Blick in meine Richtung geworfen. "Kommen Sie mal mit." Ich werde in eine abgegrenzte Ecke der Apotheke geführt. Muss kurz warten. Die Mitarbeiterin kommt wieder. Da ist er, der Zettel der Bundesapothekerkammer. Ich werde abgehakt. Alter? Letzte Periode? Sie blickt mich vorsichtig an. "Wann ist Ihnen das Missgeschick denn passiert?"

Danach holt die Mitarbeiterin den Kalender und rechnet. Geht kurz zur Kollegin. Ich sei im neunten Tag meines Zyklus und der "fertilen Phase", wird mir mitgeteilt. Durch die Pille sei die Wahrscheinlichkeit, dass ich schwanger werde, gering. Sicher sein könne man trotzdem nicht.

Die Fragen gehen weiter. Ein schneller Blick auf meine Brust. "Stillen Sie?" Nein. Häkchen. Asthma? Allergien? Medikamente? Häkchen, Häkchen, Häkchen. "Tut mir leid, wir müssen das alles fragen." Die Mitarbeiterin beachtet all die Punkte, die Siefert von den Apotheken erwartet und verlangt. Am Ende bietet sie mir Wasser an, um die Pille sofort zu nehmen. Erst als es ans Bezahlen geht, erkläre ich, dass ich die Ellaone gar nicht brauche.

Ähnlich läuft es in der Einhornapotheke, der Münsterapotheke, der Löwenapotheke und der Apotheke am Friedensplatz ab. In zweien werde ich nicht im Hinterzimmer, sondern direkt an der Verkaufsstelle beraten. Der Grund: zu wenig Platz. Ein bisschen überrascht sind sie alle, als ich die Pille danach verlange. "Siehst du, darüber haben wir noch gar nicht geredet", sagt eine Apothekerin zu ihrer Mitarbeiterin, als sie die BAK-Dokumente aus der Schublade hervorkramt. Mit deren Hilfe klären mich aber alle Apotheker über die Ellaone auf, bevor sie sie verkaufen. Eine Apothekerin am Friedensplatz kann die Fragen des BAK-Zettels sogar schon auswendig. "Man beschäftigt sich auch sehr damit ", sagt sie und lacht.

Trotzdem beschäftigt mich noch eine Frage: Bestand unter den Umständen das Risiko einer Schwangerschaft tatsächlich? "Da Sie in der ersten Woche der Pilleneinahme waren und zweimal hintereinander die Pille vergaßen, war das Risiko, einen Eisprung zu haben, groß", sagt Siefert.

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