Bonner Ampelkreuzungen Fußgänger haben lange "Grün"

BONN · Die meisten Fußgänger an Bonner Ampelkreuzungen wissen wahrscheinlich gar nicht, wie gut sie es haben: Ihre Grünphase ist in der Bundesstadt deutlich länger als im Rest der Republik.

"Die Bonner haben es viel bequemer als zum Beispiel die Kölner oder Düsseldorfer", sagt Peter Esch, der Leiter des zuständigen Tiefbauamtes. Das habe allerdings auch negative Auswirkungen auf die verkehrstechnische Leistungsfähigkeit der Kreuzungen.

In der deutschen Richtlinie für Signalanlagen sind als durchschnittliches Gehtempo 1,2 Meter pro Sekunde festgelegt. Daran orientieren sich die meisten Städte. In Bonn müssen die Passanten nur einen Meter pro Sekunde schaffen, um bei Grün die andere Straßenseite zu erreichen. Die Ampeln sind zudem fast überall so geschaltet, dass Fußgänger nicht auf einer Mittelinsel die nächste Grünphase abwarten müssen. Selbst an großen, komplexen Kreuzungen wie der am Stadthaus ist das so.

Dazu kommt die sogenannte Mitschaltung: Hat der Kraftverkehr in einer Richtung freie Fahrt, bekommen auch die Fußgänger in derselben Richtung Grün - ganz egal, ob überhaupt Passanten da sind oder nicht. Die damit verbundene "Räumzeit" der Fußgängerfurt verzögert entsprechend den Zeitpunkt, an dem der Querverkehr Grün erhält. "Das kostet eine Menge Leistungsfähigkeit, auch für die Fußgänger in den anderen Richtungen und den öffentlichen Nahverkehr", sagt Esch. Bisher traue sich die Stadt nur nachts, auf die Mitschaltung zu verzichten.

Warum die Fußgänger so fürsorglich bedacht werden, kann der Tiefbauamtsleiter nicht genau sagen. Das sei schon seit Jahrzehnten so und habe vielleicht mit den Hauptstadtzeiten zu tun. Änderungen strebt er nicht an. "Das würde einen Aufschrei der Empörung geben", fürchtet Esch. Schon heute kämen immer wieder Beschwerden von Bonnern, die nach eigenem Empfinden an Fußgängerampeln zu lange auf Grün warten müssten oder zu wenig Zeit zum Überqueren der Fahrbahn hätten.

Würde man die Schaltungen restriktiver programmieren, könnte die Leistungsfähigkeit einiger Kreuzungen um etwa zehn Prozent steigen, schätzt Esch. "Eine effektive Maßnahme gegen Staus wäre das aber nicht." Denn das sei keine Frage der Ampelschaltung, sondern der schlichten Menge an Fahrzeugen, die über Bonns Straßen rollen. An der Reuterstraße etwa sei die Programmierung der Ampeln immer weiter optimiert worden. Esch: "Dass wir den Durchsatz dort vor einigen Jahren um etwa acht Prozent erhöht haben, bewirkte nur, dass zusätzlicher Verkehr angezogen wurde."

Auf die Baustelle auf der Nordbrücke hat das Tiefbauamt trotzdem reagiert: Die Umlaufzeit an den Ampeln wurde ganztägig auf 90 Sekunden erhöht, damit möglichst viele Fahrzeuge passieren können. In dieser Zeitspanne bekommt jede Richtung an einer Kreuzung einmal Grün. Normalerweise beträgt die Umlaufzeit tagsüber 75 Sekunden - außer in Spitzenlastzeiten, etwa im Berufsverkehr.

Viele Ampeln nachts aus

Bonn hat etwa 320 Ampelanlagen. Rund die Hälfte davon wird nach Angaben des Tiefbauamtes nachts und am Wochenende abgeschaltet. Bei einer Bürgerbefragung zum städtischen Haushalt war einer der meistgenannten Sparvorschläge, in der Nacht noch mehr Anlagen abzuschalten. Das aber will die Stadt nicht tun. "Sicherheitsaspekte sind hier vorrangig", betont Peter Esch, der Leiter des Tiefbauamtes. Da ein großer Teil der Ampeln mit Halogen- und LED-Technik laufe, würde die Energieersparnis zudem nicht mehr groß ins Gewicht fallen.

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