Bonner Andheri-Hilfe "Frauen sind häufig Gewalt ausgesetzt"

BONN · Vor einem Jahr entschied sich die Bonner Andheri-Hilfe, ein besonderes Projekt für junge Witwen im indischen Bundesstaat Maharashtra zu starten.

 Marcella D'Souza berichtet ihren Erlebnissen.

Marcella D'Souza berichtet ihren Erlebnissen.

Foto: Barbara Frommann

Auslöser war ein Beitrag des ARD-Fernsehmagazins "Weltspiegel", der die Geschichte von Shashikala, einer jungen Farmerswitwe aus Indien, erzählte. Ihr Mann hatte sich, wie Tausende andere indische Bauern, aus Existenznot umgebracht. Die junge Frau war von Trauer überwältigt, hatte keinerlei Einkommen und wurde zudem sozial gemieden. Diese Geschichte rührte viele Menschen in Deutschland so sehr, dass sie sich an den Sender wandten und helfen wollten. Die ARD fragte bei der Andheri-Hilfe nach - und diese entschloss sich gemeinsam mit ihrer indischen Partnerorganisation WOTR ein spezielles Programm für Witwen und ihre Kinder aufzulegen.

Die Ärztin Marcella D'Souza ist Leiterin dieses Programms vor Ort. In dieser Woche besucht sie die Andheri-Hilfe in Bonn und berichtet aus der Projektregion: "Die Situation für die Bauern ist immer noch sehr schwierig, denn die Regenfälle sind völlig unberechenbar. Viele Bauern verlieren ihre gesamte Ernte durch zu viel oder zu wenig Regen", schildert Marcella D'Souza.

Bereits seit Jahren setzt sich ihre Organisation für die Bauern ein und entwickelt alternative Bewässerungssysteme. Viele Familien hat diese Maßnahme bisher schon gerettet. Doch die Hilfe hat nicht alle schnell genug erreicht, und so kam es zu den tragischen Selbstmorden verarmter Farmer. WOTR und die Andheri-Hilfe unterstützen nun die jungen Witwen dabei, weiterzuleben und sich eine eigene Existenz aufzubauen.

Wichtig ist den Helfern dabei vor allem, den größtenteils analphabetischen Frauen nicht einfach nur Geld zu geben, sondern sie auch emotional zu stärken: "Wir laden sie dafür in Gruppen ein. Denn alle von ihnen fühlen sich einsam und ausgegrenzt", erklärt D'Souza. "Und wir geben ihnen die Möglichkeit, ihre persönliche Lebensgeschichte zu erzählen. Während sie ihr Leid und ihre Trauer mit den anderen teilen, beginnt der Heilungsprozess".

Auf diese Weise entwickeln die Mitarbeiterinnen mit den Frauen dann auch Ideen für deren Zukunft. Und so wird die eine Gemüsehändlerin, die andere stellt Schmuck her, und eine dritte züchtet Ziegen. Bei all dem sind sie nicht mehr alleine, sondern unterstützen sich gegenseitig.

Marcella D'Souza ist sehr zufrieden mit dem bisherigen Projektverlauf. Die promovierte Medizinerin studierte in Indien und den USA. In die soziale Arbeit auf den Dörfern ihres Heimatlandes ging sie, um etwas gegen die Ursachen vieler Krankheiten zu tun, gegen Armut, Ungerechtigkeit und Ausgrenzung. Die Andheri-Hilfe wird weiterhin als Unterstützung dabei sein.

Auch an vielen anderen Orten plant D'Souza Projekte für Frauen und Kinder, wie Andheri-Vorstandsvorsitzende Elvira Greiner erläutert: "Wir wollen verstärkt für Frauen und Kinder aktiv werden. In keinem Land der Erde sterben so viele Kinder an Hunger wie in Indien. Auch die Situation von Frauen ist extrem schwierig. Viele Mädchen werden abgetrieben. Frauen sind sehr häufig Gewalt und Ausgrenzung ausgesetzt", erklärt sie. Die Andheri-Hilfe unterstützt Partnerprojekte finanziell und beratend - stets nach dem Prinzip der Hilfe zur Selbsthilfe.

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