Blitzmarathon in Bonn Es fehlt an Aufmerksamkeit

BONN/BAD GODESBERG · Betrachtet man den Verkehrsalltag aus Kinderaugen, gibt es einiges zu beanstanden. Der elf Jahre alte Lucas kann ein Lied davon singen, welchen Gefahren er jeden Morgen ausgesetzt ist, wenn er auf dem Skateboard oder dem Fahrrad zur Elisabeth-Selbert-Gesamtschule fährt.

So muss er einen Kreisel passieren, der so flach gehalten ist, dass Autofahrer "immer schnell darüber fahren. Das nervt!" Recht bekommt er von Mitschülerin Sina. Die Elfjährige hat oft Angst, über den Zebrastreifen zu gehen: "Die Autofahrer fahren zu schnell und denken nicht nach über die Gefahren für Fußgänger."

Die Chance, mit ihren Bedenken gehört zu werden, bekamen Lucas, Sina und ihre Mitschüler am Donnerstag: Ihre sechste Klasse an der Gesamtschule war in Bonn als Patenklasse bei der siebten Auflage des NRW-Blitzmarathons ausgewählt worden. Da die Aktion ganz im Zeichen von Kindern stand, durften Lucas, Sina und ihre Mitschüler Autofahrer befragen, die Streifenbeamte zuvor hinter der Gesamtschule an der Gotenstraße angehalten hatten.

In der Vergangenheit wurden beim Blitzmarathon wiederholt Betroffene eingebunden, sagte Polizeisprecherin Daniela Lindemann. So konnten "Wutpaten" Messstellen angeben, die Polizei wählte sie dann per Abstimmung aus. Diesmal war der Nachwuchs an der Reihe.

Um zu erfahren, wo sich die Kinder unsicher fühlen, sprach die Polizei im Vorfeld rund 5000 Schüler aus fünf Schulen an. "Der Rücklauf war sehr gut, 3000 Schüler haben geantwortet", sagte Alberto Coppola, Leiter der Direktion Verkehr der Bonner Polizei.

2000 Antworten wertete die Polizei aus und richtete 50 Messstellen ein. Was den Verkehrsexperten besonders freute: "Die Beiträge waren konstruktiv und zeugten von Gefahrenbewusstsein." Häufig bemängelten die Kinder, dass zu schnell gefahren werde. "Zudem fühlen sich viele nicht richtig wahrgenommen", erklärte Coppola.

Erwachsene seien aus Sicht der Kinder nicht aufmerksam genug. Dass durch den Blitzmarathon der Fokus auf Kinder als besonders "schwache Verkehrsteilnehmer" gerichtet wird, ergibt für den Verkehrsfachmann Sinn, schließlich habe die Zahl der Verunglückten zuletzt wieder zugenommen, vor allem die der Kinder.

Coppola widerspricht auch Kritikern, die von einer Verschwendung der knappen Polizeiressourcen sprechen: "Hier geht es um die Unversehrtheit und das Leben von Verkehrsteilnehmern. Das ist ein hohes Schutzgut." Außerdem müsse man bedenken, dass die 56 eingesetzten Beamten auch auf andere Gesetzesverstöße achteten.

"Ich finde, das ist eine tolle Aktion", sagte Heimo Richter, der als erster an der Gesamtschule angehalten und von Amelie (11) und Alexander (11) interviewt wurde. Richter bekam von den Kindern ein kleines Präsent, weil er sich haargenau an Tempo 30 vor der Schule gehalten hatte.

Blitzmarathon in Bonn

Beim 7. Blitzmarathon in NRW hat die Bonner Polizei am Donnerstag zwischen 6 und 16.30 Uhr 4144 Autofahrer gemessen. Davon waren 74 Fahrer zu schnell.

Die höchste Überschreitung hatten die Beamten in Meckenheim festgestellt, dort war ein Autofahrer statt der erlaubten 50 Stundenkilometer mit 82 Sachen unterwegs gewesen. Den Raser erwarten eine Geldstrafe von rund 160 Euro, zwei Punkte sowie ein einmonatiges Fahrverbot.

Mehr als 3500 Polizisten und Mitarbeiter von Kommunen kontrollierten über 24 Stunden an rund 3400 Stellen in NRW die Geschwindigkeit. Bundesweit waren es insgesamt über 13 000 Polizistinnen und Polizisten an fast 7500 Kontrollstellen.

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