Diskussion über Hochwassermanagement Ein Leben am Rhein ist ein Leben mit dem Risiko

BONN · Weshalb liegt Vater Rhein nicht immer friedlich und ruhig in seinem Bett? "Über den Karnevalsschlager können sich nur die amüsieren, die nicht in unmittelbarer Ufernähe wohnen", weiß Gabriele Klingmüller als Bürgermeisterin von Bonn ganz genau. Denn während die einen von Rheinromantik und der herrlichen Landschaft schwärmen, haben die Anrainer stets die aktuellen Pegelstände im Blick.

 Am 3. Juli 2010 riss der Mehlemer Bach nach einem Wolkenbruch an seiner Mündung ein Stück Rheinuferpromenade mit sich.

Am 3. Juli 2010 riss der Mehlemer Bach nach einem Wolkenbruch an seiner Mündung ein Stück Rheinuferpromenade mit sich.

Foto: GA-Archiv

Zwar richtet das Hochwasser nicht immer so immense Schäden an wie die beiden Jahrhundertereignisse von 1993 und 1995. Doch auch wenn der Wasserstand nur um wenige Zentimeter steigt, stehen vielerorts Keller unter Wasser. "Hochwasser am Rhein - wie lebt die Region mit dem Risiko?" lautete der Titel einer Veranstaltung im Alten Rathaus.

Sie war Teil der Reihe "Bonn Dialogues on Global Environmental Change", die von der Universität der Vereinten Nationen und dem Deutschen Komitee für Katastrophenvorsorge mit Unterstützung der Stadt Bonn veranstaltet wurde.

Dabei hat Bonn aus den leidvollen Erfahrungen der 1990er Jahre gelernt, wie Klingmüller den Gesprächspartnern erklärte. So sei der Hochwasserschutz in der Region ausgebaut worden, und auch die Feuerwehr sei bestens ausgebildet, um bei solchen Naturkatastrophen optimal zu helfen.

Zudem habe man ein sensibles Warnsystem etabliert, sowie die Kooperation mit anderen Gemeinden forciert. Doch nicht nur der Rhein bereite in Bonn immer wieder Probleme. "Wir haben in der Vergangenheit auch mit den gravierenden Folgen unvorhersehbarer Bachhochwasser zu kämpfen gehabt", erklärt Gabriele Klingmüller. Denn während sich ein Rhein-Hochwasser meist mit einer Vorlaufzeit von drei bis vier Tagen ankündigt, wird bei Starkregen in wenigen Minuten aus einem plätschernden Bach ein reißender Strom. "Da bleiben oft nicht mehr als 20 Minuten, um entsprechend zu reagieren", so Klingmüller.

Um in Zukunft entsprechend früh Maßnahmen einzuleiten, müsse man nicht nur auf entsprechende Daten und Risikobewertungen zurückgreifen können, sondern bereits im Vorfeld die richtigen Strategien festgelegt haben. "Das haben wir gemacht. Mittlerweile sind an verschiedenen Stellen in der Stadt 21 Regenmesser installiert, um Feuerwehren und Bürger rechtzeitig zu alarmieren."

Einen 100-prozentigen Schutz vor Hochwasser gibt es nicht, darin war sich Jakob Rhyner, Vizerektor für Europa der Universität der Vereinten Nationen, mit Axel Rottländer vom Deutschen Komitee für Katastrophenvorsorge einig. Doch das Hochwasserrisiko könne man managen. "Dazu gehört ein technischer Hochwasserschutz, eine entsprechende Flächenvorsorge sowie eine Verhaltensvorsorge", erklärte Philip Bubeck vom Institut für Erd- und Umweltwissenschaften der Universität Potsdam. Ganz wichtig sei auch auch ein funktionierendes Informationssystem. Denn: "Der Rhein hält sich nicht an Ländergrenzen", sagte Bubeck.

Für Thomas Kahlix von der "Bürgerinitiative Hochwasser Altgemeinde Rodenkirchen" ist bisher viel zu wenig geschehen. "Nur ein koordinierter Hochwasserschutz macht Sinn. Doch jede Kommune kocht ihr eigenes Süppchen. Bei der Ausweisung neuer Baugebiete wird nicht miteinander geredet", beklagte er. Dabei sei die Region nur durch Zufall einer Jahrtausendkatastrophe entgangen. Wenn nicht die Elbe, sondern der Rhein 2013 die enormen Wassermassen aufgenommen hätte, dann wäre von Bonn bis Emmerich alles überflutet gewesen. "In Köln hätte der Rhein dann eine Breite von vier Kilometer gehabt", malte er am Rande der Veranstaltung ein Schreckensszenario.

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