Kündigung von Bonner Krankenschwester Ein Foto führt zum Rausschmiss

BONN · Der Selbstmord einer Patientin ist einer Krankenschwester einer Bonner Klinik zum Verhängnis geworden. Weil sie nach dem Freitod der Seniorin mit dem Handy ein Foto von der Unglücksstelle gemacht hatte, kündigte die Krankenhausleitung der 52-Jährigen fristlos.

Die Frau klagte gegen ihre Entlassung. Beide Parteien trafen sich jetzt im Arbeitsgericht Bonn vor der dritten Kammer. Der Anwalt des Krankenhauses, Nicolai Besgen, lässt keinen Zweifel daran: Für seine Mandantschaft ist das Verhalten der Mitarbeiterin inakzeptabel. "Sie hat mit dem Foto die Würde der Patientin verletzt und alle Grenzen überschritten", sagt er.

Zum Hergang: Nachdem die Patientin sich von einem Balkon in den Tod gestürzt hatte, hielt die Pflegerin, die seit 1994 in dem Krankenhaus arbeitete, die Szene mit dem Handy fest. Später habe sie das Foto ihren Kollegen auf der Station zeigen wollen, doch die hätten alle abgelehnt. "Sie wollten diese fürchterliche Szene einfach nicht sehen", erklärt Besgen.

Nach dem Dienst traf die Krankenschwester an ihrem Wohnort den Mann einer Kollegin, der sich das Foto dann ansah. Die Krankenhausleitung erfuhr davon und kündigte der Frau umgehend. Besgen liest anschließend aus einer schriftlichen Erklärung der Krankenschwester vor, in der sie den Vorgang wie dargestellt bestätigt hat. Warum die Frau das Foto machte, wird in der Verhandlung nicht deutlich. Die Klägerin selbst ist nicht zugegen. Ihr Anwalt erklärt sich ihr Verhalten damit, dass seine Mandantin vermutlich absolut geschockt gewesen sei und unter dem Eindruck des Suizids das Foto gemacht habe. "Sie hat ja auch nicht die Leiche aufgenommen, sondern nur die Unglücksstelle", sagt er. Seines Wissens nach sei die Leiche bereits mit einer Plane abgedeckt gewesen.

Davon weiß Besgen nichts. Doch für den Richter ist das ein wichtiger Hinweis. "Es macht schon einen großen Unterschied aus, ob die Klägerin die Leiche oder nur den Unglücksort am Krankenhaus fotografiert hat", sagt er. Im letzteren Fall wäre eine fristlose Kündigung ein zu scharfes Schwert, zumal die Frau sich bis dahin nie etwas zu schulden habe kommen lassen, meint der Richter.

Beide Parteien einigen sich darauf, zunächst festzustellen, was wirklich auf dem Foto zu sehen ist. Sollte es tatsächlich nur die Unglücksstelle sein, so schlägt der Richter vor, dass die Krankenschwester sich bei ihren Vorgesetzten entschuldigt und versichert, so etwas nie wieder zu tun. "Ich sehe dann keinen Grund, warum sie dann nicht weiter dort arbeiten kann", sagt er. Doch Besgen ist skeptisch: Seine Mandantschaft werde die Kündigung wohl nicht zurücknehmen wollen, glaubt er. Ein Kammertermin wird vorsorglich vereinbart.

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