Chlodwigplatz Bonn Der Villa ein Gesicht geben

BONN · Mit Erfolg hat eine Initiative einen Neubau hinter dem Haus Lebensart am Frankenbad verhindert, nun sind die Mitglieder wieder alarmiert: Die leer stehende Villa am Chlodwigplatz 1 und die seitlich angrenzenden, ebenfalls unbewohnten 20er-Jahre-Mietshäuser am Kaiser-Karl-Ring haben bei Investoren Begehrlichkeiten geweckt.

 Die Mitglieder der Initiative wollen jetzt herausbekommen, was am Chlodwigplatz 1 geplant ist. Sie wollen die Vergangenheit der Villa dokumentieren und suchen alte Fotos des Hauses.

Die Mitglieder der Initiative wollen jetzt herausbekommen, was am Chlodwigplatz 1 geplant ist. Sie wollen die Vergangenheit der Villa dokumentieren und suchen alte Fotos des Hauses.

Foto: GERLIND SCHABERT

Neben dem Brunnen am Chlodwigplatz stehen Frauen und Männer, die Köpfe über Pläne und Dokumente gebeugt: Grundstücksverläufe, Luftaufnahmen, Stellungnahme, Beschlussvorlage.

Es sind Anwohner des Viertels, die sich vor drei Jahren zur Initiative für Grünflächen in der Altstadt (IfGidA) formiert haben und zu einem Vor-Ort-Termin zusammenkommen. "Ich beobachte mit Staunen und mit Ärger, wie hier seit Jahren ein Quartier nach dem anderen zugebaut wird", beschreibt Rolf Kampmann seine Beweggründe, dabei zu sein. "Jedes Jahr verschwinden 2000 bis 3000 Quadratmeter Grünflächen."

Mit Erfolg hat die Initiative einen Neubau hinter dem Haus Lebensart am Frankenbad verhindert, nun sind die Mitglieder wieder alarmiert: Die leer stehende Villa am Chlodwigplatz 1 und die seitlich angrenzenden, ebenfalls unbewohnten 20er-Jahre-Mietshäuser am Kaiser-Karl-Ring haben bei Investoren Begehrlichkeiten geweckt. Was die Villa angeht, bietet das geltende Planungsrecht keinen Schutz gegen Abriss und ausgreifende, hochaufragende Neu-Bebauung. Eine vom Bürger Bund Bonn (BBB) beantragte Veränderungssperre für das Gebiet zwischen Chlodwigplatz, Karlschule, Ellerstraße und Kaiser-Karl-Ring wurde abgelehnt und stattdessen die Aufstellung eines Bebauungsplans beschlossen.

Aus Sicht der Stadt ist es zu früh, sich wegen einer übermäßigen Verdichtung Sorgen zu machen: "Bei uns ist bisher weder eine Bauvoranfrage noch ein Bauantrag eingegangen", sagt Marc Hoffmann vom Presseamt. Zumindest erste Pläne aber scheint es zu geben. Laut Marcel Schmitt vom BBB wird daran gedacht, die jetzt zweistöckige Villa abzureißen und durch einen Neubau zu ersetzen. "Dabei sind Varianten von fünf bis teilweise sieben Geschossen im Gespräch."

Annette Schmalz von der Initiative fährt mit dem Finger über die Farbfotografie, die das Ensemble, eingebettet in Grün, aus der Vogelperspektive zeigt: "Hier kann heute die Luft zwischen den Häusern noch zirkulieren. Damals ist ganz bewusst kein Bau-Riegel gemacht worden. Aber wir haben die Sorge, dass das bei einem Neubau anders wäre."

Helmut Marx wohnt mit seiner Familie seit 33 Jahren in der Ellerstraße 96, einem der angrenzenden Mietshäuser. Auf dem Weg in seinen Garten passiert die Gruppe ein Mäuerchen mit neongelber Markierung. Ein Ergebnis erster Vermessungen. Marx fühlt sich unbehaglich, dass in unmittelbarer Nachbarschaft Vorbereitungen für etwas getroffen werden, von dem er keine Kenntnis hat: "Wer der jetzige Villen-Eigentümer ist, wissen wir nicht. Und was geplant ist, eben auch nicht."

Kampmann will für ein paar Tage ins Stadtarchiv eintauchen, um mehr über das geschichtsträchtige Haus Chlodwigplatz 1 ans Licht zu holen. "Immerhin wurde es 1919 für die französischen Besatzungsbehörden als Büro des Stadtkommandanten gebaut, vielleicht kann ihm seine historische Bedeutung Schutz geben." Annette Schmalz ergänzt: "Deshalb würden wir uns freuen, wenn jemand alte Fotos für uns hätte. Wenn man die Vergangenheit der Villa dokumentiert, ist sie kein gesichtsloser Kasten mehr, den man ungerührt abreißen kann."

Seit die IfGidA durch den Antrag des Bürger Bunds auf den Fall aufmerksam geworden ist, verschlingt ihr Engagement wieder viel private Zeit: Es gilt Sitzungen des Planungsausschusses und der Bezirksversammlung zu besuchen, zu recherchieren, telefonieren, mobilisieren. "Demnächst werden wir noch aktiver auf die Anrainer zugehen", kündigt Hannelore Pesch an, "aber erst müssen wir mehr über mögliche Investoren-Absichten in Erfahrung bringen."

Auf ihrem Weg zurück nach Hause macht sie mit Kampmann noch einen Schlenker an der Wohnanlage Didinkirica am Rosental entlang, die ebenfalls verdichtet werden soll. Auch diese Planung betrachten sie im Hinblick auf die Lebensqualität in der Altstadt mit großer Skepsis. Kampmann: "Wir haben einfach die Erfahrung gemacht, dass jeder Zentimeter Grünfläche zugesetzt wird und nachher ein paar neugepflanzte Alibi-Bäume vor die Fenster gesetzt werden."

Tatsächlich ist am Rosental im Zuge von Nachverdichtungen der Bau eines vier- bis fünfgeschossigen Riegels geplant, in dem die Wohnbau GmbH aus Bonn 23 neue Wohnungen schaffen will. Weil ihre Planung über die Festsetzungen des Bebauungsplans hinausgeht, müsste er zunächst geändert werden - was die Stadtverwaltung befürwortet. Nun soll die Öffentlichkeit angehört und beteiligt werden. Wie die IfGidA haben auch die Grünen und der BBB in der jüngsten Sitzung der Bezirksverwaltung schon ihre Bedenken mitgeteilt.

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