WCCB-Prozess Das Warten auf die nächsten Prozesse

Bonn · Als die Staatsanwälte im September 2009 die Ermittlungen im Fall WCCB aufnahmen, ahnte niemand dessen Ausmaß. Jahrelang hatte die Stadt durch ihr Presseamt Optimismus verbreiten lassen, und selbst am 5. August 2009 hielt man den Zuversichtszwang durch.

An diesem Tag wurde durch ein Landgerichtsurteil öffentlich, dass Investor Man-Ki Kim das WCCB längst verpfändet hatte. Doch der damalige Stadtsprecher Friedel Frechen erklärte: "Dieses Urteil hat keinerlei Auswirkungen auf die Stadt." Eine erneute Fehlinformation oder Fehleinschätzung.

Und nach 120 Tagen Prozess und dem Urteil am Freitag gegen Investor Kim und seine beiden damaligen Rechtsberater, nach der Vernehmung von fast 100 Zeugen, der Verlesung von Tausenden von Urkunden und Richterreisen rund um den Globus hat sich das anfangs diffuse Bild geschärft. Und es zeigt: Kim und Co. fanden für ihr Betrugsmanöver bei der Stadt "ideale Rahmenbedingungen", wie Richter Rausch es am Freitag formulierte.

Ob sich Verwaltungsmitarbeiter dabei strafbar gemacht haben, muss die Wirtschaftsstrafkammer in zwei weiteren Prozessen klären. Die Staatsanwaltschaft wirft dem städtischen WCCB-Projektleiter Arno Hübner Untreue im besonders schweren Fall und Bestechlichkeit vor, seiner Kollegin Eva-Maria Zwiebler Beihilfe dazu und ebenfalls Bestechlichkeit.

Sie sollen sich zwar nicht persönlich bereichert, aber dazu beigetragen haben, dass der Stadt ein Millionenschaden entstand, und überdies verlangt haben, dass Kims Firma SMI Hyundai die Rechnung des städtischen Investorenberaters Michael Thielbeer bezahlte. Er saß mit Kim vor Gericht, bis das Verfahren gegen ihn im Mai 2012 gegen Zahlung von 150.000 Euro eingestellt wurde.

In einer dritten Anklage werden dem Ex-Chef des Städtischen Gebäudemanagements (SGB), Friedhelm Naujoks, und zwei Mitarbeitern Betrug, Untreue und Beihilfe vorgeworfen. Sollten die SGB-Mitarbeiter vor Gericht landen, wird Young-Ho Hong neben ihnen sitzen - ebenfalls wegen schweren Betruges. Der WCCB-Bauchef soll die Baukasse geplündert haben.

Fünf städtische Mitarbeiter sind also angeklagt. Und damit kam alles anders, als Bonns Ex-OB Bärbel Dieckmann (SPD) dachte. Die erste Ratssitzung im September 2009 nach dem WCCB-GAU brach sie empört ab, als ein Kommunalpolitiker vage nach der strafrechtlichen Relevanz städtischen Handelns fragte. Ein Ermittlungsverfahren gegen Dieckmann wurde jedoch eingestellt, es kann bei neuen Erkenntnissen wieder aufgenommen werden.

Wann die nächsten WCCB-Prozesse stattfinden, ist ungewiss. Die ursprüngliche Planung, im Herbst mit der Hauptverhandlung gegen Hübner und Zwiebler zu beginnen, sofern das Verfahren eröffnet wird, ist obsolet. Nach GA-Informationen muss das Gericht zwei andere Prozesse vorziehen, weil die Angeklagten in U-Haft sitzen. Die WCCB-Angeklagten, die auf freiem Fuß sind, müssen auf die Klärung der gegen sie gerichteten Vorwürfe weiter warten, wahrscheinlich bis 2014. Kritische Stimmen bemängeln, dass keine Hilfsstrafkammer für Wirtschaftsstrafsachen eröffnet worden ist.

Deshalb steht schon heute fest: Sollte es zu weiteren Verfahren kommen, dürfen mögliche Schuldige mit milderen Strafen rechnen: Denn ein Strafmilderungsgrund ist nach dem Gesetz eine vom Angeklagten nicht zu vertretende überlange Verfahrensdauer.

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