Mordprozess in Bonn Cellist soll seine Frau mehrfach geschlagen haben

BONN · Eltern, Geschwister und Freunde der Pianistin sagen im Mordprozess als Zeugen aus. Mutter nennt Angeklagten einen Macho.

Was in einer Mutter vorgeht, wenn sie dem Mann gegenübertritt, der ihre Tochter auf grausame Weise getötet hat, kann sich wohl niemand vorstellen. Am Montag war die Mutter der am 23. Oktober ermordeten Pianistin Kate de Marcken vor dem Schwurgericht als Zeugin gefragt. Und nun sieht die 73-Jährige ihren Schwiegersohn Sergey K. wieder, den Mann, der ihre Tochter tötete, als vermisst meldete, zwei Wochen später die Tötung gestand und die Polizei zu dem Versteck der Leiche an der Ahr führte.

Als seine Schwiegermutter, die aus Belgien angereist ist, im Zeugenstand zwischen ihrer Anwältin und der Dolmetscherin Platz nimmt, stöhnt der 55-jährige Cellist des Beethovenorchesters auf und verbirgt sein Gesicht in den Händen.

Und hört mit gequältem Gesicht zu, was die 73-Jährige zu sagen hat. Auf Bitte von Kammervorsitzendem Josef Janßen beschreibt sie die Tochter, zu der sie so ein enges Verhältnis hatte und die sie nun verloren hat. Und erstmals bekommt das Opfer im Prozess ein Gesicht: "Katie hatte viele Qualitäten", sagt die Zeugin mit bewundernswerter Fassung. "Sie war eine gute Mutter und eine wunderbare Tochter." Und fügt hinzu: "Man kann sich keine bessere wünschen. Ich habe gesucht, aber niemanden gefunden, der sie nicht geliebt hat."

Ein lächelnder Mensch sei Kate gewesen, tolerant auch gegenüber ihrem Mann. Immer wieder habe sie für ihn Entschuldigungen gefunden, denn das Wichtigste sei für sie gewesen, dass ihr Sohn beide Eltern habe. Aber Kate habe ihr auch anvertraut, dass Sergey gewalttätig war. Denn, so schildert die Mutter, Kate habe ihr mehrfach von Schlägen berichtet und einmal erwähnt, sie sei ins Bett des Sohnes geflüchtet, damit Sergey aufhöre, sie zu schlagen.

"Sergey hat einen Kontrollzwang", erklärt sie, "und er wurde sehr hässlich, wenn etwas nicht so lief, wie er es wollte." Sie habe erlebt, wie Kate sich veränderte, wenn er dabei war. Aber die Mutter erklärt auch: "Er war dominant, aber sie war auch nicht schlecht, sie hat nicht klein beigegeben." Für sie steht fest: "Er ist ein Macho." Und in Richtung Angeklagten fügt sie hinzu: "Sorry, Sergey, aber das ist die Wahrheit."

Sie schildert auch, dass beide ihren sportlich und musikalisch begabten Sohn nach Kräften fördern wollten. Wollte Kate vielleicht zu viel und führte das zu Konflikten?, will der Richter wissen. Die Zeugin erklärt: Beide Eltern wollten für ihn das Beste, und der Junge war stolz auf seine Leistungen im Tennis, beim Ballett und am Klavier. Aber die Zeugin weiß auch: Der heute 13-Jährige wurde zuletzt immer aufmüpfiger gegen die Mutter und schlug sie sogar mal in den Bauch. "Er begann, seinen Vater zu kopieren", bestätigt die Zeugin. Kate habe Angst gehabt, dass das Kind sich jetzt auch noch gegen sie stellt.

Seit der Verhaftung des Vaters lebt der Junge bei ihr in Belgien, es gehe ihm im Moment gut, aber sie wisse nicht, ob er nicht doch demnächst Hilfe brauche, sagt die 73-Jährige. Ob der Junge wisse, was passiert sei? Sie fürchte ja, sagt die Zeugin. Es stehe ja alles bei Facebook. Zum Vater wolle der Junge keinen Kontakt, weil der ihn zu sehr enttäuscht habe. Und schreiben wolle er ihm auch nicht. Vielleicht wenn er groß sei, habe er gesagt. Sergey K. stöhnt auf.

Und noch etwas weiß die Zeugin: Sergey hatte zum Schluss viele Schulden und wollte nicht akzeptieren, dass Kates Geld, das sie von ihrem Vater erhalten hatte, als Sicherheit für später dienen sollte. "Er hat es absolut nicht ertragen können, wenn man ihm widerspricht", sagt sie.

Kate de Marckens Vater schildert anschließend, wie Sergey reagierte, als er ihn am 27. Oktober am Telefon mehrfach auffordert, Kate sofort als vermisst zu melden: "Morgen", habe der 55-Jährige gesagt. Und einfach aufgelegt.

Später habe er sie alle auf eine falsche Fährte locken wollen und den Eindruck erweckt, Kate habe eine Affäre. Aber alle seien sicher gewesen: Kate würde nie ohne ihren Sohn einfach verschwinden. Das bestätigen auch Kates Bruder und Schwester als Zeugen.

Davon war auch der Tennislehrer des Jungen überzeugt, der die Familie seit Jahren gut kennt. Der 35-Jährige erklärt im Zeugenstand: Er habe nie geglaubt, dass Kate verschwunden sei. Er habe Sergey ins Gesicht gesagt, dass er doch damit etwas zu tun habe. Kate sei die beste und liebevollste Freundin gewesen. Aber er beschreibt auch, dass die Pianistin ihren Sohn sehr forderte. Als der Junge dann bei einer Ballettaufführung zusammengebrochen sei, habe Sergey, der seinen Sohn auch sehr liebte, in den letzten Monaten das Ruder übernommen.

Diese Liebe bestätigt auch ein andere Zeuge, der Vater und Sohn öfter zusammen erlebte. Den 48-Jährigen rief Sergey K. an dem Morgen an, nachdem er nachts Kates Leiche in dem Monate zuvor ausgehobenen Grab versteckt hatte. Sergey habe ihn um Hilfe gebeten, weil sich im Schlamm an der Ahr festgefahren hatte. Ahnungslos sei er hingefahren und habe Sergey rausgezogen und geglaubt, der habe dort wie so oft geangelt.

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