Kita-Streik in Bonn Bei vielen Eltern kippt die Stimmung

BONN · In der Woche vier des Streiks in städtischen Kindergärten kippt offensichtlich bei immer mehr Müttern und Vätern die Stimmung. Hatten sich die meisten anfangs noch solidarisch mit den Gewerkschaften erklärt, so schwindet das Verständnis für den Arbeitskampf zunehmend, erfuhr der GA von Eltern aus Bonn und der Region

 Ab sofort wollen diese Eltern ihren Nachwuchs in der Kita am Kaiser-Karl-Ring in Eigenregie betreuen.

Ab sofort wollen diese Eltern ihren Nachwuchs in der Kita am Kaiser-Karl-Ring in Eigenregie betreuen.

Foto: Nicole Remmy

Die Eltern haben eine Initiative gegründet und wollen an diesem Freitag ab 11 Uhr vor dem DGB-Haus in Endenich für die sofortige Beendigung des Streiks demonstrieren.

Ralph Hawiger ist einer der Initiatoren. Der Vater eines Vierjährigen wirft den Gewerkschaften inzwischen "Zynismus" vor. Sein Sohn besucht eine Kita in Troisdorf, "die jetzt in der vierten Woche bestreikt wird", so Hawiger. Er macht aus seinem Ärger über die Gewerkschaften keinen Hehl. "Es ist eine Frechheit, uns seitens der Gewerkschaft noch sagen lassen zu müssen, wir sollten den Streik als politische Früherziehung werten". Er habe große Zweifel, wie ehrlich es die Gewerkschaften mit ihren Forderungen meinten oder der Streik mehr und mehr Mittel zum Zweck werde, um Werbung für Verdi und Co. zu machen. Er vermisse bei den Gewerkschaften eine Einigungsbereitschaft. Das Streikrecht sei zwar im Grundgesetz verbürgt, aber die Kinder hätten laut Artikel 28 der UN-Kinderrechtskonvention auch ein Recht auf Bildung.

Die Lehrerin Susanne Dräger gehört ebenfalls zu den Eltern, denen der Geduldfaden gerissen ist und am Freitag vor dem DGB-Haus demonstrieren wollen. Ihre beiden Kinder, drei und fünf Jahre alt, besuchen die städtische Kita am Kaiser-Karl-Ring, die seit gut 14 Tagen komplett bestreikt wird. "Die Stimmung unter uns Eltern ist total gekippt", beschreibt sie die Lage. Von einer Kita-Mutter weiß sie, dass sie wegen der unsicheren Betreuungssituation einen neuen Job nicht antreten konnte. "Schlimm ist es vor allem für die Vorschulkinder, die in die Schule kommen und womöglich keinen richtigen Abschied feiern können", sagte sie. Deshalb komme es ihr sehr entgegen, dass die Stadt den Eltern die Kita-Räume zur Verfügung stellen wolle, damit sie dort in Eigenregie eine Betreuung organisieren können.

"Zu Hause reißen die Kinder uns doch so langsam die Bude ab", sagte Dräger. Anders als die Eltern einer Friesdorfer Einrichtung hätten sie keine Bedenken wegen des Versicherungsschutzes. "Das haben wir von einem Anwalt checken lassen." Noch besser hätten sie es gefunden, die Stadt hätte mehr Notgruppen eingerichtet. "Den Erzieherinnen machen wir keinen Vorwurf. Sie leisten gute Arbeit und sollen deshalb auch besser bezahlt werden."

Auch Olaf Schneider ist es wichtig, dass keine Fronten zwischen Eltern und den Erziehungskräften aufgebaut werden. Der dreifache Vater ist Elternrat in der Kita Am Stadion in Beuel und organisiert in der Einrichtung ab heute ebenfalls mit Gleichgesinnten eine private Betreuung. "Wir haben nach wie vor Verständnis für die Forderungen der Streikenden", sagte er, "aber wir wünschen uns, dass die Kommunikation mit der Stadt und Kita-Leitung besser klappt."

Unmut herrscht bei einigen Eltern wegen des morgen geplanten Betriebsausfluges der gesamten Stadtverwaltung, an dem ihrer Kenntnis nach auch viele Erziehungskräfte teilnehmen. Reiner Friedrich von der Komba-Gewerkschaft, bei der die meisten städtischen Erziehungskräfte organisiert sind, sagte, von der Komba sei in dieser Woche nur für gestern und heute sowie für Freitag zum Streik aufgerufen worden. Warum nicht auch für Mittwoch? "Das ist mit der Landesstreikleitung lange vorher so festgelegt worden. Dass der Betriebsausflug an dem Tag stattfindet, ist Zufall."

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