Kommentar Alt und abgeschoben

Bonn · Der Vorgang um das Pflegeheim in Dottendorf ist ein Skandal. Von heute auf morgen mussten alte Menschen - viele von ihnen dement und teilweise nur mit dem, was sie auf dem Leib trugen - das Haus verlassen, in dem sie ihren Lebensabend verbringen wollten.

Mit der endgültigen Schließung gestern ist zudem ihre Hoffnung auf eine Rückkehr zerstört. Denn nun müssen auch die restlichen Bewohner ausziehen, weil eine ordentliche Pflege nicht mehr gewährleistet werden kann.

Das ist unfassbar und für die Menschen eine Katastrophe. Die für viele von ihnen gewiss nicht ohne Folgen für ihr leibliches und seelisches Wohl bleiben wird. Wer weiß das besser als die Bewohner und Angehörigen des Paulusheimes oder des Agnesstiftes? Häuser, deren Schließung ebenfalls für Kummer und Leid gesorgt haben. Bei denen die Betroffenen aber wenigstens einen längeren Vorlauf hatten, um eine neue Bleibe zu finden.

Einen alten Baum soll man nicht verpflanzen, sagt man. Von Verpflanzen kann in dem Fall allerdings kaum die Rede sein. Die Heiminsassen wurden vielmehr herausgerissen. Die Frage stellt sich von selbst: War das nötig, zumal die Missstände nicht erst seit gestern bekannt waren? So müssen sich die Menschen nur noch alt und abgeschoben fühlen.

Es ist eine Binsenweisheit, dass gute Pflege sich nur gewährleisten lässt, wenn qualifiziertes Personal mit einer menschlichen Grundhaltung in ausreichender Zahl eingesetzt wird. Im vorliegenden Fall mangelte es offensichtlich an den Führungsstrukturen und an der Zahl der Pflegekräfte. Auch wenn es unbestritten einen Fachkräftemangel gibt: Verantwortlich für einen ordnungsgemäßen Pflegebetrieb ist der Heimträger. Die Kündigung des Versorgungsvertrags mit ihm ist nach diesen ungeheuerlichen Vorfällen nur folgerichtig. Auch unabhängig davon, was die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft noch ergeben werden.

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