Haushalt in Bonn 132 Millionen Euro-Loch stößt auf unterschiedliche Reaktionen

BONN · Sie hatten es geahnt. Die finanzielle Lage Bonns ist noch dramatischer als bisher angenommen. Das lange Schweigen von Stadtkämmerer Ludger Sanders (CDU) auf ihre bohrenden Fragen zur aktuellen Kassenlage der Stadt hatte die potenziellen Koalitionäre aus CDU, Grünen und FDP schon seit geraumer Zeit misstrauisch und ärgerlich gemacht.

Jetzt hat die "Geheimniskrämerei", wie Georg Fenninger (CDU) in einem GA-Bericht von Dienstag seinen Parteifreund Sander kritisierte, ein Ende. Nach dem 2. Quartalsbericht zur haushaltswirtschaftlichen Lage 2014, den der Kämmerer gestern mit OB Jürgen Nimptsch (SPD) vor legte, steigt das Defizit von ursprünglich angenommenen 43 Millionen Euro auf rund 132 Millionen Euro an.

So ganz unvorbereitet traf die Hiobsbotschaft die Ratsmitglieder allerdings nicht. Bereits im Oktober des vorigen Jahres hatten Sander und Nimptsch einen Anstieg des Fehlbetrags im Haushalt 2014 von 43 auf 98 Millionen Euro prognostiziert. Dass es nochmal schlimmer gekommen ist, erklären Sander und Nimptsch in ihrem Bericht vor allem mit geringeren Steuereinnahmen.

"Die Millionendefizite der Stadt Bonn müssen ernst genommen werden. Die Augen davor zu schließen, ist verantwortungslos", schreiben sie den Politikern ins Stammbuch. Entscheidender Indikator für die desaströse Lage sei die Höhe der Kassenkredite, mit denen Sander unter anderem die Zahlung der Gehälter der gut 5500 städtischen Bediensteten bestreitet und die inzwischen auf mehr als 700 Millionen Euro gestiegen sind. Insgesamt beträt der Schuldenberg 1,67 Milliarden Euro.

Bis zur Einbringung des Haushaltsplanentwurfs 2015/16 voraussichtlich in der Ratssitzung im November wollen Sander und Nimptsch mit den Fachämtern nochmals an der Sparschraube drehen, um das Defizit nach unten zu drücken. Allerdings machten beide deutlich: Ohne die von ihnen bereits im letzten Jahr ins Spiel gebrachte Bürgerabgabe in Form einer befristeten Erhöhung der Grundsteuer ist der städtische Haushalt wohl nicht zu retten.

"Wenn diese Prognosen so einträfen, brauchten wir uns mit der Haushaltskonsolidierung gar nicht mehr befassen, denn selbst bei der Streichung aller freiwilligen Leistungen würde dies zur Deckung nicht ausreichen," gibt sich die stellvertretende finanzpolitische Sprecherin der CDU-Fraktion, Brigitta Jackel gelassen. Und machte klar: Steuererhöhungen seien für die CDU nur ultima Ratio.

Letzteres kommt für die FDP gar nicht in Frage, so Fraktionschef Werner Hümmrich. Vielmehr vermisse er seitens der Verwaltung "nachhaltig angelegte Konsolidierungsbemühungen". Für Peter Finger sind die prognostizierten Zahlen längst nicht der Weisheit letzter Schluss, da eben nur eine Prognose. Dennoch müsse vieles "auf den Prüfstand, der soziale Ausgleich und die ökologische orientierte Verhältnismäßigkeit unserer Stadtentwicklung steht aber nicht zu Disposition", stellte er klar.

Michael Faber (Linke) sieht den Schwarzen Peter bei der ehemaligen schwarz-grünen Ratsmehrheit: "Es rächt sich nun auch, dass sich CDU und Grüne mehrfach weigerten, im Rahmen eines Nachtragshaushaltes dem sich abzeichnenden Desaster politisch entgegenzusteuern".

In die gleiche Kerbe schlugen die SPD-Fraktionschefs, Bärbel Richter und Ernesto Harder. Sie boten aber an, in Sachen Haushalt "eine Koalition der Vernunft mit allen Fraktionen zu schließen, unabhängig von der Farbenlehre". Bernhard Wimmers (BBB) Rezept gegen einen drohenden Finanzkollaps: "Aufwand reduzieren, Leistungen zurückfahren, Standards absenken".

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