Ehemalige Mülldeponie in Vilich Experte rät zu Besonnenheit

VILICH · Bürgerinitiative und Wasserverband bewerten Mess-Ergebnisse unterschiedlich. Nach der Akteneinsicht in die städtischen Grundwasser-Messwerte sieht die Bürgerinitiative Vilich ihre Befürchtungen bezüglich einer "unverantwortlichen Umweltbelastung" bestätigt.

Das teilte am Montag Werner Janik-Mehlem, Sprecher der Initiative, dem GA auf Nachfrage mit. Nach Ansicht vieler Vilicher geht von der der ehemaligen städtischen Mülldeponie an der Gartenstraße auch heute noch eine Gefahr für die Umwelt aus.

"Mit der Akteneinsicht beim Umweltamt der Stadt Bonn wollten wir Klarheit darüber bekommen, welches Risiko die ehemalige Mülldeponie an der Kreuzung Gartenstraße/B56 für das Bonner Grund- und Trinkwasser birgt. Jetzt wissen wir, dass die Grenzwerte zum Beispiel bei Ammonium deutlich überschritten werden", sagte Janik-Mehlem.

Die Bürgerinitiative fordert die Stadt Bonn deshalb auf, umgehend Maßnahmen zu ergreifen, damit die Schadstoffe nicht weiter ungehindert ins Grundwasser eindringen können.

Gemeinsam mit den Initiativmitgliedern Jochen von Thülen und Gerd Koehne stellte Janik-Mehlem im Stadthaus fest, dass die Ammonium-Messwerte deutlich überschritten worden sind. "Im Mai und Juli 2014 wurden an vier Grundwasserbrunnen erhebliche Grenzwertüberschreitungen für Ammonium festgestellt. Dabei wurde der Schwellenwert von 0,5 Milligramm pro Liter für Ammonium am 23. Mai 2014 um 104, 200, 156 und 580 Prozent überschritten und am 8. Juli 2014 um 112, 182, 220 und 560 Prozent überschritten", erklärte Janik-Mehlem.

Alle Haushalte in der Tallage der Stadt Bonn bekommen nach Auskunft der Initiative ihr Trinkwasser gemischt zu nur 35 Prozent aus der Wahnbachtalsperre, der überwiegende Anteil von 65 Prozent stamme aus den vier Grundwasserbrunnen bei Meindorf - rund zwei Kilometer nördlich dieser ehemaligen Deponie.

Grundwasser weiter beobachten

Der Wahnbachtalsperrenverband (WBV) bewertet diese Messergebnisse als nicht dramatisch und rät zu Besonnenheit im Umgang mit dem Thema. "Aus unserer Sicht besteht kein akuter Handlungsbedarf. Das Trinkwasser ist sauber und sicher. Die Bürger brauchen sich keine Sorgen machen", erklärte am Montag Ralph Krämer, zuständiger Abteilungsleiter für das Trinkwassereinzugsgebiet beim WBV.

Allerdings müsse das Grundwasser weiter beobachtet werden, damit bei anderen Schadstoffeinträgen entsprechend reagiert werden könne, so der Hydrologe. Ammonium und Bor seien unkritische Parameter, die allerdings anzeigen würden, dass sich in der ehemaligen Deponie noch etwas ereignet - zum Beispiel der Abbau von Müll.

Die Messwerte von kritischen Parametern wie Kohlenwasserstoffen und Phenolen seien derzeit unbedenklich. "Die Untere Wasserbehörde misst in Vilich das Deponiewasser, welches in den Erdboden rein-strömt, und das Wasser, was wieder rausströmt. Die erhöhten Werte beziehen sich nur auf das Wasser, was in den Boden sickert", so Krämer.

Intensive Bodenverdichtung der Deponie

Die Deponie liege außerdem außerhalb des Wasserschutzgebietes. Deshalb würde Wasser von der Deponie auch nicht direkt zu den Trinkwasserbrunnen nahe Meindorf gelangen können. Ob durch die jüngsten mechanischen Belastungen seitens der intensiven Bodenverdichtung der Deponie verstärkt Schadstoffe freigesetzt worden sein könnten, ist nach Ansicht des Trinkwasserexperten fraglich, aber nicht ausgeschlossen. Der Müll und die Messstellen für das Wasser lägen mehr als 20 Meter tief.

Nach Aussage Janik-Mehlems geht auch die Stadt Bonn davon aus, dass in Vilich nicht nur Hausmüll abgekippt worden ist. Die Stadt Bonn hat bereits in einem frühen Stadium des Verfahrens bekanntgegeben, dass Grundwasserbelastungen festgestellt worden sind. Die Werte sollen aber unbedenklich gewesen sein.

Prüfung alle sechs Wochen

"Der heutige Grundstückseigentümer, die Triwo AG, hat die Auflage, seit Baubeginn im Mai 2014 bis mindestens ein halbes Jahr nach Fertigstellung des dort geplanten Baumarkts weiterhin alle sechs Wochen das zufließende Grundwasser an zwei Prüfbrunnen, das abfließende Grundwasser an elf Prüfbrunnen auf mindestens 45 Schadstoffe messen zu lassen, danach jährlich. Spätestens fünf Jahre nach Bauende ist der Eigentümer Triwo AG befreit von jeder Verpflichtung. Danach muss das dann die Stadt Bonn übernehmen", erklärte Janik-Mehlem.

Bei der Akteneinsicht stieß Janik-Mehlem auf "ein dramatisches Schreiben" vom 24. März 1986 vom damaligen Leiter des Umweltamts, Professor Dr. Bauer, zur Untersuchung von Grundwasserproben in Vilich.

Anlass für die Grundwasseruntersuchung war die geplante Friedhofs-Erweiterung. Demnach wurden bei Blei, Sulfat, Cadmium, Zink und Arsen erhebliche Grenzwertüberschreitungen festgestellt. Der WBV will nun von der Stadt Bonn wissen, mit welchen Maßnahmen und welchem Erfolg sie auf die dramatischen Werte reagiert habe.

Info

Die Bezirksvertretung Beuel wird sich am Mittwoch ab 17 Uhr im Rathaus, Friedrich-Breuer-Straße 65, mit dem Thema auseinandersetzen.

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