Menschen am Fluss "Es ist der schönste Fleck der Welt"

SCHWARZRHEINDORF · Sie leben am Rhein, mit dem Rhein und alle Jahre wieder kommt er auch mal rein. Katharina Rost und Albert Klein sind im wahrsten Sinne des Wortes "Anrheiner". Das Geschwisterpaar lebt seit Jahrzehnten in einem Haus zwischen Rheinufer und Hochwasserdamm. Das Wohngebäude mit der Adresse Gensemer Straße 83 ist das einzige in Schwarzrheindorf, das nicht vor den Fluten gesichert ist.

In diesen Tagen richten sich ihre Blicke öfters in Richtung des Stroms. Der Rhein kommt den Rentnern bedrohlich nah. Gestern fehlten nur wenige Meter bis zur Gartengrenze. "Dat jeht joot. De Rhing kütt nit bis ze ons", sagt Albert Klein in Beueler Mundart.

Seine Zuversicht basiert auf langjähriger Erfahrung. Schwester und Bruder sind Profis im Abdichten, Trockenlegen und Möbelrücken. Selbst die beiden sogenannten Jahrhunderthochwasser im Dezember 1993 und im Januar 1995 haben sie erfolgreich überstanden. "Wir haben aber über die Jahre unseren Wohnbereich zwei Mal höher gelegt, damit wir trockene Füße behalten", betont Katharina Rost. Die beiden rüstigen Senioren haben sogar einen eigenen Steg.

"Wenn der Pegel an die acht Meter geht, bauen wir unser Gerüst auf. Dann gehen wir von der Haustür über das Hochwasser bis auf den neuen Damm", erklärt Albert Klein. Dass die Stadt den Schutzdeich gerade erst um rund einen Meter erhöht hat, halten die beiden "Exterritorialen" zwar für richtig, aber helfen tut es ihnen nicht. Im Gegenteil: Albert Klein musste das Gerüst umbauen, damit der eine Meter Höhenunterschied kompensiert werden kann.

Aber nicht nur der Rhein flutet die Wiesen an ihrem Haus. An der südlichen Grundstücksgrenze fließt der Vilicher Bach vorbei. Das ansonsten kleine Rinnsal hat sich aktuell zu einem mächtigen Gewässer angestaut. "Der Bach kann wegen des Hochwassers nicht in den Rhein abfließen und staut sich zurück", so Albert Klein.

Bruder und Schwester lieben diese "Insellage" zwischen Rhein und Vilicher Bach. "Unsere Mutter hat schon 1943 hier gewohnt. Wir möchten gar nicht woanders leben, es ist der schönste Fleck der Welt. Nur wir können sagen, dass wir direkt am Rhein wohnen", erzählt Katharina Rost und schmunzelt. Währenddessen gießt ihr Bruder die Topfblumen im Garten. Wie gesagt: Der Rhein verharrt dieses Mal an der Grundstücksgrenze.

Hochwasser in Beuel

Beuel ist der vom Rheinhochwasser am meisten betroffene Stadtbezirk Bonns. Legt man die natürliche Geländehöhe zugrunde, würden einige Straßen ohne Schutz ab einem Pegelstand von sieben Metern voll laufen. Seit dem Jahr 1900 wurden fast 30 Hochwasser registriert, die über dem Bonner Pegel von 8,25 Meter lagen.

Die beiden sogenannten Jahrhunderthochwasser ereigneten sich im Dezember 1993 und im Januar 1995. Der höchste jemals gemessene Wasserstand in Bonn lag am 23. Dezember 1993 bei 10,13 Meter. Nachdem die Beueler innerhalb von nur 13 Monaten zwei Mal hart von den Fluten getroffen worden waren, beschloss der Stadtrat, einen Hochwasserschutzplan für den Rhein aufzustellen.

Allein in Beuel hat die Stadt Bonn inklusive der Landeszuschüsse seitdem mehr als 15 Millionen Euro investiert (zum Vergleich Köln: mehr als 430 Millionen Euro). Der Hochwasserschutz südlich der Kennedybrücke (bis Ernst-Moritz-Arndt-Straße) reicht jetzt bis 9,50 Meter und nördlich (bis Nordbrücke) bis 11,18 Meter.

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