Haus der Familie Kurscheid Die "Gensemer Lerchen" feiern Karneval

SCHWARZRHEINDORF · Seit fast 40 Jahren gehen die Frauen der Gensemer Straße durch dick und dünn. Zur Karnevalszeit lassen es die 34 Damen gerne so richtig krachen, und pflegen den traditionellen Graswurzel-Karneval, wie er vielerorts vermisst wird.

 Frauen unter sich: Die "Gensemer Lerchen" feiern seit vielen Jahren Karneval ganz privat im Wohnzimmer der Familie Kurscheid.

Frauen unter sich: Die "Gensemer Lerchen" feiern seit vielen Jahren Karneval ganz privat im Wohnzimmer der Familie Kurscheid.

Foto: Max Malsch

Wir sind zu Gast bei den Gensemer Lerchen, einer eingeschworenen Gemeinschaft von Frauen, die nichts lieber als Karneval feiert.

Von außen lässt sich kaum erkennen, dass im Hause Kurscheid heute der Bär steppt. Erst ein Blick auf die Seitenfenster unter dem Dach des Familienhauses, wo farbenfrohe Clownfiguren und Luftballons hervorlugen, verrät die Wieversitzung der Gensemer Lerchen. Im bunt geschmückten Dachgeschoss treffen sich die Frauen im Alter von 38 bis 93 Jahren. Auf den Tischen steht Sekt und O-Saft. Es wird gesungen, geschunkelt und gelacht. Und mittendrin steht Gastgeberin Uschi Kurscheid.

Nachdem die Ostwestfälin 1971 nach Schwarzrheindorf gezogen war, der Liebe wegen, lernte sie die Gensemer Lerchen auf einer Goldhochzeit kennen. Die hatten für den feierlichen Anlass einen gesanglichen Auftritt vorbereitet, und nahmen die Zugezogene schnell in ihrer Mitte auf.

"Ich war damals ja voll berufstätig, da lernt man nicht so schnell neue Leute kennen", freut sich Kurscheid noch heute über die Gastfreundschaft. Auch Sonja Kessenich wurde warmherzig in den Kreis der Lerchen aufgenommen. Die 38-Jährige, die aus Trier zugezogenist, fand vor sechs Jahren einen Zettel in ihrem Briefkasten. Dort stand: "Hilfe, wir sterben aus!" Die Gensemer Lerchen hatten sich um Nachwuchs bemüht, denn langsam wurden die Mitglieder immer älter.

"Ich dachte ich gehe hin und sage, ich habe keine Zeit dazu", erinnert sich Kessenich. Doch sie ist geblieben und heute eine von 14 Junglerchen, die frischen Wind in die Gemeinschaft bringen. Das wissen die Nachwuchslerchen auch gleich unter Beweis zu stellen. Als "schnarchende Junglerchen" in Schlafrock und Nachthaube gekleidet, legen sie unter Beifall, Kreischen und Gejohle eine fetzige Tanzperformance aufs Parkett.

Für den Zusammenhalt der Lerchen sorgen regelmäßige Feiern, Ausflüge und Stammtischtreffen. Magdalene Schmidt etwa reicht die Tradition an die junge Generation weiter. "Wir legen hohen Wert auf unser Brauchtum", sagt die 67-jährige Vorsitzende. Die Altlerchen lernen die neuen Lieder von den Junglerchen, und die werden in altem Liedgut und rheinischem Dialekt geschult.

Doch wenn es hart auf hart kommt, dann stehen die Lerchen aus der Gensemer Straße erst recht zusammen. Etwa dann, wenn der Ehemann verstirbt oder Krankheiten zu schaffen machen. Erst vor einer Woche ist Hanni Gudermann, mit 95 Jahren die älteste Lerche, verschieden. "Natürlich fällt bei uns auch das ein oder andere Tränchen", sagt Magdalene Schmidt. "Doch dann wird geschunkelt und gesungen, und das hilft dann schon ein bisschen über das Leid hinweg."

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