Denkmal- und Geschichtsverein Beuel Sankt Martin und das Federvieh

BEUEL · Kürbissuppe oder Martinsgans? Gruselkostüme oder buntes Laternenmeer? Auch wenn mittlerweile selbst hierzulande immer mehr schaurig-schöne Halloween-Gestalten umherwandeln, so ist der November seit mehr als 1600 Jahren der Monat des heiligen Martin.

Über Jahrhunderte hinweg war der 11. November ein wichtiges Datum nicht nur in der Kirche, sondern auch in Wirtschaft und Gesellschaft. Wie sich das Brauchtum über Generationen hinweg verändert hat, darüber referierte Norbert M. Borengässer im Stroof-Kolleg des Denkmal- und Geschichtsvereins Bonn-Rechtsrheinisch im Bürgermeister-Stroof-Haus.

Die Wurzeln dieses Brauchtums reichen bis ins Mittelalter zurück. Das Martinifest war der Abschluss des Wirtschaftsjahres. Die Ernte war eingefahren, die schwere und mühsame Arbeit erledigt. Das Gesinde bekam seinen Lohn und wechselte den Dienstherren. In vielen Gemeinden war Markttag. Zudem galt der Martinstag allgemein als Winteranfang.

Am 11. November war allerdings auch die Pacht für Äcker und Weiden fällig, die die Bauern zu bezahlen hatten. Gänse waren dabei eine bevorzugte Zinsgabe an die Grundherren, den Adel und die Klöster. Mit Beginn der kalten Jahreszeit wurden zudem allerorts Erntedank- und Schlachtfeste gefeiert. "Das überzählige Kleinvieh, das man nicht über den Winter bringen konnte, wurde bei dieser Gelegenheit geschlachtet", so Borengässer. Deshalb standen bereits im Mittelalter im November häufig Gänse auf dem Speiseplan.

Die in vielen Umzügen mitgeführten Gänse sollen zudem daran erinnern, dass das schnatternde Federvieh einst das Versteck Martins verraten hat, als man ihn zum Bischof ernennen wollte.

Laternenumzug, Martinsfeuer, Weckmann - diese Symbole gehören noch gar nicht so lange zum Martinsfest. Um 1900 herum wurde das Martinsbrauchtum im Rheinland neu belebt. Anfang des 20. Jahrhunderts zogen auch durch Bonn die ersten Lichterumzüge. Lieder und Gedichte mit der Geschichte des Heiligen entstanden.

Damit hatten die oftmals in Raufereien endenden Heischegänge, also die Bitt- und Bettelgänge der jungen Burschen, ein Ende. "Die zogen von Haus zu Haus und bettelten um Lebensmittel. Besonders gerne hatten sie natürlich Würste", so Borengässer beim Denkmal- und Geschichtsverein. Daraus hat sich das Schnörzen der Kinder entwickelt. "Die Weckmänner, das jüngste Brauchtumselement, symbolisieren die Liebesgabe des Caritasheiligen Martin und sollten wohl, wenn auch erfolglos, die Heischegänge der Kinder ganz ersetzen", so Borengässer.

Aus dem Mittelalter heraus hat sich auch die Tradition des Martinsfeuers entwickelt. Nachdem die Felder und Wiesen abgeerntet waren, wurden die alten Erntekörbe in einem großen Feuer verbrannt. "Dem Feuer wurde eine reinigende Wirkung nachgesagt. Das Alte war vergangen, etwas Neues konnte entstehen", so Borengässer. "Und wenn ein Paar gemeinsam über das Martinsfeuer sprang, dann hatte es im nächsten Jahr viel Glück."

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