Kaplan Joseph Brauers Ein katholischer Filmpionier in Ramersdorf

RAMERSDORF · Kino und technischer Fortschritt: Zwei Dinge, die gemeinhin nicht gleich an eine Verbindung zur katholischen Kirche denken lassen. Anfang des 20. Jahrhunderts allerdings, als in Berlin, Hamburg und München schwarz-weiße Szenen über die Leinwände der ersten deutschen Lichtspieltheater flackerten, waren auch Vertreter der Kirche an diesem neuen Medium interessiert.

 In der heutigen Kapelle am Herz-Jesu-Kloster in Ramersdorf wurden ab 1910 Filme im Sinne der katholischen Kirche gezeigt. FOTO: MAX MALSCH

In der heutigen Kapelle am Herz-Jesu-Kloster in Ramersdorf wurden ab 1910 Filme im Sinne der katholischen Kirche gezeigt. FOTO: MAX MALSCH

Foto: Max Malsch

Ein Pionier dieser katholischen Filmarbeit war der Küdinghovener Kaplan Joseph Brauers, der 1910 in der Vikarie Ramersdorf einen Kinoraum einrichtete. "Das war das erste Pfarrkino Deutschlands", sagt Werner Bolz, der bis Juni 2014 24 Jahre lang Vorsitzender des Bürgervereins Küdinghoven und der für die jüngste Ausgabe des vereinseigenen Hefts "Küdinghoven unser Dorf" einen Bericht über Brauers geschrieben hat.

Durch Zufall ist Bolz auf die Geschichte Brauers gestoßen. "Für ein Buchprojekt über Küdinghoven, das der Bürgerverein plant, habe ich die Unterlagen meines Vaters durchgesehen. Dabei bin ich auf den Totenzettel von Pfarrer Brauers gestoßen, der 1934 gestorben ist", erzählt er.

Sein Vater habe offenbar sehr viel von Brauers gehalten. "Er hat oft über ihn gesprochen, ihn als Filmpionier bezeichnet - schließlich hat mein Vater im Ramersdorfer Pfarrkino selbst seine ersten Filme gesehen - das alles hat mich neugierig gemacht." Bolz hat im erzbischöflichen Archiv in Köln recherchiert - und dort ganze Aktenberge zu Brauers gefunden. "Mit so viel Material hätte ich nicht gerechnet."

Wie Bolz' Nachforschungen ergeben haben, wurde Brauers 1883 in Aachen geboren und studierte in Köln und Bonn Theologie. 1908 wurde er zum Priester geweiht, 1910 Kaplan an Sankt Gallus in Küdinghoven.

Mit Unterstützung des damaligen Schlossherrn der Kommende Ramersdorf, Baron von Oppenheim, baute er das ehemalige Kelterhaus der Vikarie in einen Turn- und Theatersaal um - heute ist aus dem kleinen Gebäude die Kapelle des Ramersdorfer Klosters und Seniorenheim geworden. Leonard Mehlem hatte das frühere bergische Richterhaus erworben und mit dem gesamten Grundbesitz der Pfarre Küdinghoven vermacht. In der einstigen Scheune richtete Brauers das erste Pfarrkino Deutschlands ein.

Auf seine Initiative hin entstand auch die Filmkonvention für den Regierungsbezirk Köln, aus der 1925 die Landesbildstelle Rheinland hervorging. 1920 übernahm Brauers die Pfarrei Meschernich bei Köln.

Er übernahm die Leitung des Katholischen Lichtspielverbandes (KLV) und war seit 1929 Mitherausgeber der Fachzeitschrift "Film und Bild in Verein und Schule". Im Alter von nur 51 Jahren starb er im Juni 1934 in Köln. Brauers und seine Mitstreiter hätten die Möglichkeiten des Kinos erkannt, sagt Bolz. "Die Kirche wollte dieses neue Medium nutzen, um Menschen zu erreichen und zu beeinflussen."

In einem Nachruf, der 1934 in den Mitteilungen des KLV erschien, wird das Schaffen Joseph Brauers gewürdigt. "Er war ein durchaus moderner Mensch, und als solcher vertraut mit den Errungenschaften der Technik, die er entschlossen in den Dienst seiner Seelsorgearbeit stellte", heißt es dort. Schon als junger Kaplan habe er die Bedeutung des Films für das Pfarr- und Vereinsleben erkannt.

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