Großtauschtag der Briefmarkenfreunde Besucher lassen ihre Sammlungen schätzen

RAMERSDORF · Sandra und Raimund Schliefer waren geknickt. Dachten sie kurz vorher noch, dass sich in ihrer Briefmarkensammlung ein paar wertvolle Schätze befänden, waren sie nach einer Viertelstunde bei Berufs-Philatelist Benjamin Voigt schlauer.

 Hans-Georg Porschardt mit seinen Briefmarken, die er leidenschaftlich sammelt, aber auch verkauft und tauscht.

Hans-Georg Porschardt mit seinen Briefmarken, die er leidenschaftlich sammelt, aber auch verkauft und tauscht.

Foto: Nicolas Ottersbach

"Die zwei Alben können sie vielleicht für 20 Euro auf dem Flohmarkt verkaufen", sagte er ihnen am Sonntag beim großen Tauschtag der Beueler Briefmarkenfreunde. Im Bistro des Polizeipräsidiums bot der Verein wie jedes Jahr die Möglichkeit, die eigene Sammlung zu vervollständigen - oder eben kostenlos schätzen zu lassen.

"Etwa 99 von 100 Menschen, die zu mir kommen, muss ich enttäuschen", sagte Voigt. Und wenn dann doch jemand etwas Teures in seinen Büchern schlummern habe, sei es meist nur eine einzige Briefmarke, die wertvoll sei. "Die meisten Sammlungen stammen aus den 70er Jahren, als Briefmarken sammeln in war", erzählte er den Schliefers.

So war es auch bei Raimund Schliefer: Als Jugendlicher kaufte er sich bei der Bundespost die neusten Briefmarken und ließ sie stempeln. Auch mit dem Gedanken, sie vielleicht einmal für gutes Geld verkaufen zu können.

"Deshalb habe ich alles in dreifacher Ausführung", erklärte er. Das Problem: Da ab den 1960ern die Abonnements aufkamen, die alle neuen Briefmarken den Sammlern nach Hause schickten, gibt es viele vollständige Sammlungen aus dieser Zeit. "Das senkt den Seltenheitswert und den Preis", so Voigt.

Um sie auf dem Flohmarkt zu verramschen, waren sie den Schliefers aber doch zu schade. "Es ist wegen der Sammelleidenschaft ein ideeller Wert und sie nehmen nicht viel Platz weg", sagte Sandra Schliefer.

Die unzähligen Alben von Hans-Georg Porschardt dagegen schon, regelmäßig mistet er aus. Da gibt es den seltenen und attestierten Fehldruck der Freimarken-Auflage "Berliner Bauten", auf der das Brandenburger Tor zu sehen ist. Das kleine weiße Dreieck, das nicht an dieser Stelle sein dürfte, ist mit bloßem Auge kaum zu erkennen.

"Früher bin ich mit der Lupe über die Märkte gerannt, das mache ich nicht mehr", sagte der Kölner, der Vereinsmitglied bei den Briefmarkenfreunden ist. Stattdessen ging er in Ruhe an den vielen Tischen im Bistro vorbei und unterhielt sich.

Was er nicht mehr gebrauchen kann und doppelt oder dreifach hat, nimmt er zu Märkten mit. Zur Orientierung dient der "Michel-Katalog", in dem Briefmarkenwerte verzeichnet sind. Die abgedruckten Preise werden nur in Geschäften gezahlt, von Privat liegt er bei etwa zwischen 30 und 40 Prozent davon. Kauft Porschardt sie aus Sammlungen an, gibt er 15 bis 20 Prozent.

So gelangte er an einen ganzen Stapel Ansichtskarten, die er gar nicht erst einsortiert hat. "Die sind für mich uninteressant", sagte er. Momentan steht er kurz davor, seine Sammlung zu vervollständigen. Bund, Berlin und DDR, von 1948 bis 2000. Aber nur die Eckränder, die ersten Briefmarken aus einem Bogen. Die Oberränder hat er schon einmal alle gehabt und sie wieder verkauft. "Es ist der Ehrgeiz, der einen beschäftigt."

Hans Müller von den Briefmarkenfreunden leitete den Großtauschtag, der erstmals mit den Sammlern der Philatelisten-Vereinigung Bonn gemacht wurde. Für das Tauschen blieb ihm nicht viel Zeit. Er beschäftigte sich stattdessen mit seinem Enkel, den er auch für den Handel mit Porto begeistern möchte.

So fing er damals auch an: Sein Großvater vermachte ihm 1971 seine Sammlung, nachdem er dafür Interesse gezeigt hatte. Aus einem 80 Zentimeter großen Karton von früher ist mittlerweile ein ganzer Raum geworden.

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