Geplantes Gewerbegebiet in Pützchen Mehrparteienhaus soll abgerissen werden

Pützchen · Seit Montag läuft eine Unterschriftenaktion für den Erhalt des Hauses und gegen die Mehrbelastung der Siegburger Straße auf der Internetplattform Open Petition.

 Im Rücken die A 59, zur Rechten die Siegburger Straße: Auf dem insgesamt 14 Hektar großen Areal in Pützchen soll sich nun nach dem Willen von Politik und Verwaltung statt wissenschaftlichen Einrichtungen Gewerbe ansiedeln. Das weiße Wohnhaus in der Mitte kann nicht integriert werden.

Im Rücken die A 59, zur Rechten die Siegburger Straße: Auf dem insgesamt 14 Hektar großen Areal in Pützchen soll sich nun nach dem Willen von Politik und Verwaltung statt wissenschaftlichen Einrichtungen Gewerbe ansiedeln. Das weiße Wohnhaus in der Mitte kann nicht integriert werden.

Foto: Max Malsch

Wenn die Bewohner des Hauses Siegburger Straße 289 aus ihrem Fenster schauen, sehen sie in einiger Entfernung die A 59 und vorgelagert Felder. Setzt die Stadt Bonn ihre Pläne für ein neues Gewerbegebiet um, wird der Ausblick nicht mehr möglich sein, denn das Mehrparteienhaus soll niedergelegt werden. "Mich empört das zutiefst", sagt Eigentümer Rainer Nachtsheim. 1935 kauften seine Großeltern den einstigen Haltepunkt der Bröltalbahn. 1950 bauten sie ihn um, "die Grundmauern sind bis zum Ende des ersten Stocks erhalten", so der Enkel.

Die emotionale Seite ist das eine, die Tatsache "dass ich mit meinem Anliegen kein Gehör finde" das andere. Dass sein Haus irgendwann abgerissen werden soll, weiß Nachtsheim seit 1995. Im Zuge der wirtschaftlichen Umstrukturierung nach dem Bonn-Berlin-Beschluss sollte auf der Schiene Pützchen-St. Augustin ein Wohn- und Technologiepark errichtet werden. Wie berichtet, fanden sich aber keine Wissenschaftseinrichtungen, die sich auf den 14 Hektar zwischen A 59, Siegburger Straße und Gesamtschule ansiedeln wollten.

"Schon damals hätte zum Beispiel das Therapiezentrum bleiben dürfen, ich aber nicht", bemängelt Nachtsheim. Danach gab es immer mal wieder Vorstöße der Lokalpolitiker. Im September 2015 beschloss dann unter anderem die Bezirksvertretung, den Bebauungsplan 8024-14 aufzuheben und den neuen 8024-20 öffentlich auszulegen. Dieser sieht einen Gewerbepark Handwerk und Produktion vor sowie Büros für Dienstleister.

Die Offenlage dauert noch bis zum 30. November. Ob für das Haus nicht doch Bestands- oder sogar Denkmalschutz geltend gemacht werden kann, wird sich laut Marc Hoffmann, Vize-Pressesprecher der Stadt Bonn, im Bauleitplanverfahren klären. Ebenso, warum in anderen Außenbereichen des Plangebiets Wohnen möglich bleiben soll. Nach derzeitigem Kenntnisstand rechnet die Verwaltung damit, Mitte 2016 mit den Erschließungsmaßnahmen zu beginnen. "Der Hochbau dürfte frühestens im ersten Quartal 2017 erfolgen", sagt Hoffmann. Nachtsheims Mieter Frank Meurer, der mit Frau und Kind erst im Sommer eingezogen ist, entdeckte die Offenlage durch Zufall.

Seemann fragt sich, ob es nicht noch genug freie Gewerbeflächen in Bonn gebe

Seit Montag läuft seine Unterschriftenaktion für den Erhalt des Hauses und gegen die Mehrbelastung der Siegburger Straße auf der Internetplattform Open Petition. Den Verkehr hat auch Anwohner Frank Seemann im Blick. "Ein Gewerbegebiet zieht natürlich anderen Verkehr an als ein Wissenschaftspark", ärgert er sich. Mehr als 40 Häuser seien allein im Karmeliterviertel davon betroffen. Einige Bürger hätten wie er Widerspruch eingelegt. Seemann fragt sich, ob es nicht noch genug freie Gewerbeflächen in Bonn gebe. Oder auch Flächen ehemaliger Gewerbeunternehmen, "wie das Gelände der früheren Firma Andernach oder die brach liegende Fläche an der Ecke Siegburgerstraße/Königswintererstraße".

Auf Seemanns Anfrage bei den Parteien hätten alle außer dem BBB geantwortet, das Vorgehen sei alternativlos: "Es hieß: Es geht nicht, sonst müssen wir die vom Land bezuschussten Grundstücke selbst erwerben. Und dafür ist kein Geld da." Der Vize-Stadtsprecher sagt dazu: "Nach derzeitigem Stand läuft die Entwicklungsmaßnahme bis Ende 2016 und tritt danach in die Abwicklungsphase, in der auch die Übernahme der nicht vermarkteten Baugrundstücke aus dem Treuhandvermögen in das städtische Vermögen vorzunehmen ist." Über das genaue Prozedere würden zu gegebener Zeit Gespräche mit dem Land als Fördermittelgeber und dem Treuhänder NRW.Urban geführt.

Im Therapiezentrum ist man froh, dass nur leises Gewerbe für den Bereich vorgesehen ist. "Für die Bewohner ist es schade, dass die Einrichtung seit über 25 Jahren ohne direkte Wohnnachbarschaft auf der grünen Wiese liegt. Insofern sind wir zufrieden mit den Plänen, weil wir jetzt Nachbarn bekommen, wenn auch keine Wohnnachbarn", sagt Leiterin Sabine Rickes.

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