Kölner Kabarettist in Pützchen Jürgen Becker "ist anwesend"

PÜTZCHEN · "Sieht fast aus wie hier in Pützchen", grinst Jürgen Becker und schaut nach oben an die Holzdecke des Pfarrzentrums. Das Publikum lacht amüsiert über den Vergleich, den der Kölner Kabarettist zwischen dem Veranstaltungssaal und der Konstantin-Basilika in Trier zieht, von deren Innenraum gerade ein Foto auf die Leinwand hinter der Bühne projiziert wird.

 Gezielte Pointen, viel Fachwissen: Jürgen Becker weiß das Publikum zu überzeugen.

Gezielte Pointen, viel Fachwissen: Jürgen Becker weiß das Publikum zu überzeugen.

Foto: Kubik

In einem Parforce-Ritt führte der bekannte Künstler am Dienstagabend durch zwei Jahrtausende Kunst-, Architektur- und Religionsgeschichte. Bei dem Programm "Der Künstler ist anwesend" war Becker auch nicht vor dem einen oder anderen Kalauer fies: Vom römischen Kaiser Konstantin, der am Bosporus Konstantinopel gründete kam Becker mühelos zu dessen "Bruder Adam, der in Rüsselsheim Adam Opel gründete." Doch trotz manch solcher doch eher grenzwertiger Gags, wusste Becker sein Publikum den ganzen Abend lang glänzend zu unterhalten und vermied dabei erfolgreich den Eindruck, er spule einfach nur ein bewährtes Programm herunter.

Der Mitgründer und frühere Präsident der Kölner Stunksitzung, der einem größeren Publikum in erster Linie durch die WDR-Kabarettsendung "Mitternachtsspitzen" bekannt wurde, weiß, wie er sein Publikum anzupacken hat: Mit viel Fachwissen und den meist zielsicher gesetzten Pointen schlug er den Bogen gekonnt von der Architektur des alten Ägyptens bis hin zur Politik unserer Tage.

Im Mittelpunkt stand dabei immer wieder das Spannungsverhältnis zwischen Kunst und Religion. "Da passt es nur gut, dass ich in einem Pfarrzentrum auftrete, denn die Kirche ist der Motor der Kunst", so Becker. So war auch ein Plakat von Max Ernsts berühmtem Bild "Die Jungfrau züchtigt den Jesusknaben vor drei Zeugen" während der gesamten Vorstellung auf der Bühne zu sehen. Ernst war seinerzeit für das Werk noch exkommuniziert worden - heute hänge es als Druck sogar im Büro eines hohen Kölner kirchlichen Würdenträgers, freute sich der Kabarettist. Alle weiteren Kunst- und Bauwerke wurden wie zum Beispiel das Bild vom Innenraum der Trierer Palastaula per Beamer auf eine Bühnenleinwand geworfen.

Beckers Trip durch die Kulturgeschichte war lehrreich, kurzweilig und manchmal sogar provokativ. Dabei verlor der Kabarettist den Bezug zur Gegenwart nicht aus den Augen. Tagespolitische Ereignisse kamen aber nur am Rande vor.

Coups, wie das Engagement Beckers zeugen vom Einsatz des Trägervereins des Pfarrzentrums: Dessen Vorsitzender Adolf Brodesser zeigte sich daher auch sehr erfreut, dass es nach Beckers Motorradunfall im vergangenen Jahr nun endlich geklappt hat mit dem Auftritt des Kabarettisten. Der anfängliche Blick Beckers an die Decke dürfte übrigens nicht allein einer spontanen Eingebung geschuldet sein: Schließlich fließt der gesamte Erlös des Abends in die Sanierung des Dachs des Pfarrzentrums.

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