Geert Müller-Gerbes "Ich nahm den Krebs bewusst an"

Pützchen · Von persönlichen Erfahrungen mit seiner Krebserkrankung berichtete der Journalist Geert Müller-Gerbes (73) in einem Vortrag beim Beueler Hospizverein. Ihm falle es nicht leicht, einen solchen Vortrag zu halten.

Von persönlichen Erfahrungen mit seiner Krebserkrankung berichtete der Journalist Geert Müller-Gerbes (73) in einem Vortrag beim Beueler Hospizverein. Ihm falle es nicht leicht, einen solchen Vortrag zu halten. Es sei eine große Überwindung, in diesem Rahmen über so etwas Persönliches zu sprechen, betonte Müller-Gerbes. Die Diagnose Krebs habe sein Leben vollständig verändert: "Sie können nicht einfach so tun, als sei sie nicht gestellt worden", sagte der Journalist.

2008 sei er im Herbst plötzlich müder geworden, als er je in seinem Leben gewesen war. "Es erinnerte mich an meinen Vater, der mit 87 Jahren gegen Ende seines Lebens immer müder wurde." Am Hals hatte sich damals als erstes Anzeichen eine hühnereigroße Erhebung gebildet. Müller-Gerbes Arzt war zunächst nicht beunruhigt, wurde doch vermutet, dass es eine Speicheldrüsenverstopfung sei. "Ich verlor in zwei Monaten etwa 20 Kilo."

Nach einer weiteren Fehldiagnose - man tippte auf eine schwere Gastritis - sei seine Schwiegertochter, die selbst Ärztin ist, skeptisch geworden. Vierzehn Tage nach seiner Einlieferung in eine Kölner Klinik hat das behandelnde Ärzteteam herausgefunden, dass Müller-Gerbes an aggressivem Lymphdrüsenkrebs leidet. Mitte 2009 wurde die erste Chemotherapie eingeleitet.

"Nach sechs Monaten und einer schweren Lungenentzündung war die Grenze der Belastbarkeit erreicht", erinnerte er sich. Ein Fachmann empfahl weitere Chemobehandlungen. "Ich sagte Nein, sechs reichen, mehr kann ich nicht. Meine Frau und ich hatten große Hoffnungen es überwunden zu haben."

Söhne und Frau besuchten Müller-Geerbes ihn regelmäßig. "Ich führte Gespräche mit ihnen, die wir vorher nie geführt haben. Eine irritierend andere Seite der Krankheit." Außer seiner Familie empfing er keinen weiteren Besuch. Später erhielt ich von vielen Freunden Anrufe und Briefe. "Es tat ihnen allen sehr leid. Es stellte sich eine komische Situation ein. Derjenige, der von der Krankheit betroffen war, tröstete die, die ihn bedauern."

Ende 2009 wurde Müller-Geerbes ein Reha-Aufenthalt nahegelegt. "Wir beschlossen, stattdessen an die Ostsee in ein Hotel zu gehen." Müller-Gerbes erholte sich gut. Januar 2010 folgte der Rückschlag. "Die Ärzte teilten mir mit, dass der Krebs wieder da sei." Zur Chemotherapie schlugen die Ärzte eine begleitende Cortisonbehandlung vor. "Sie war leichter, das Immunsystem brach nicht zusammen."

Er habe den Ärzten schon im März, gesagt dass er nur bis Juli zur Verfügung stehe, "weil wir mit dem Wohnmobil nach Skandinavien reisen wollten", so der Journalist. Obwohl ihm gesagt wurde, dass dies nicht gehe, setzte sich Müller-Gerbes durch. "Es muss Kräfte geben, die man aktivieren kann, wenn die Ärzte sie unterstützen", sagt er.

Mit Hilfe seines Wohnmobils habe er quasi eine Therapie begonnen. "Es hat den Vorteil, dass sie im Falle von Müdigkeit jederzeit pausieren können." 10.000 Kilometer führte die Tour durch Skandinavien. "Ich nahm mein Cortison und sollte zurückkommen, wenn es mir schlecht geht." Eine Kernspinuntersuchung habe später gezeigt, dass sich keine Lymphknoten vergrößert hatten.

Ihm sei es zusehends besser gegangen. Eine weitere Untersuchung habe keine Verschlechterung gezeigt. Ihm habe geholfen, sich nicht für ein Leben gegen den Krebs zu entscheiden, sondern für eins mit dem Krebs. "Ich nahm ihn bewusst an. Ich blieb nicht sitzen, ließ mich nicht hängen, selbst wenn es sehr mühsam war."

Nicht der Arzt, nicht Chemie alleine könnten heilen: "Es geht nur gemeinsam in Absprache." Geheilt sei er nicht, der Krebs könne immer wiederkommen. "Es geht immer darum, den schmalen Grad zwischen ärztlicher Notwendigkeit und Lebensqualität zu finden."

Info: Der Hospizverein Mehr als 240 Mitglieder gehören der 2002 gegründeten Initiative Beueler Hospizverein e.V. mittlerweile an. Unter dem Motto "Weil das Sterben zum Leben gehört" begleiten die Mitarbeiter des Hospizvereins Schwerstkranke oder Sterbende und deren Angehörige in ihrer letzten Lebensphase. Es wird besonders darauf Wert gelegt, dass die Menschen so lange wie möglich in einer vertrauten Umgebung leben können. Der Hospizverein ist Mitglied des Deutschen Hospiz- und Palliativverbandes des Hospizforums Bonn/Rhein-Sieg.

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