Jubiläen in Pützchen Ein fröhliches Fest ohne Ausgrenzung

PÜTZCHEN/BECHLINGHOVEN · Udo Kalmbach schüttelt sich vor Freude. Der 47-jährige Bewohner des Therapiezentrums Bonn-Beuel ist spastisch gelähmt und kann nicht sprechen. Aber seine Betreuerin muss nicht viel übersetzen - die Antwort auf die Frage, wie es ihm gefällt ist unmissverständlich: "Ausgezeichnet!"

 Samba: Die Gäste feiern ausgelassen auf der Friedenstraße. Käpt'n Reiner Burgunder vom Schifferverein sammelt Müll.

Samba: Die Gäste feiern ausgelassen auf der Friedenstraße. Käpt'n Reiner Burgunder vom Schifferverein sammelt Müll.

Foto: Max Malsch

So wie Kalmbach geht es offenkundig auch allen anderen Besuchern, die sich am Sonntag auf der abgesperrten Friedenstraße in Pützchen-Bechlinghoven drängen, um das 50-jährige Bestehen der Ortsvereine und das 25-jährige des Therapiezentrums mit viel Musik zu feiern. Mit dem gemeinsamen Fest demonstrieren die Vereine, wie eng die Bewohner der beiden Orte mit den Bewohnern des Therapiezentrums verbunden sind.

"Was für ein Geburtstag", beginnt Oberbürgermeister Jürgen Nimptsch sein kurzes Grußwort. "Wenn zwei Pützchener Institutionen gemeinsam ihr Silber- und Goldjubiläum begehen, ist das etwas ganz Besonderes. Der Inklusionsgedanke wird hier nicht nur gelebt, sondern auch nach außen getragen. Darüber freue ich mich ganz besonders, denn wir haben uns in Bonn ja das Thema Inklusion auf die Fahnen geschrieben."

Auch das Logo verdeutlicht das Konzept: Das "tz" in der Mitte von Pützchen ist dem Logo des Therapiezentrums nachempfunden. "So wollen wir deutlich machen, dass das Therapiezentrum seinen Platz in der Mitte der Menschen in unseren Orten hat", sagt Lilo Patt-Krahe, die Vorsitzende des Pfarrausschusses Sankt Adelheid am Pützchen.

"Mich beeindruckt immer wieder, wie sehr die einzelnen Vereine, das Therapiezentrum, aber auch die evangelischen und katholischen Gemeinden hier vernetzt sind und in vielen Belangen - wie zum Beispiel bei diesem wunderbaren Fest - zusammenarbeiten", sagt Pater Thomas von der Pfarreiengemeinschaft "Am Ennert" und freut sich.

Mehr als 31 Vereine, Kirchengemeinden, Schulen, Kindergärten und sonstige Gruppierungen haben beim "längsten Tisch von Pützchen-Bechlinghoven" - so der Festtitel - mitgemacht. Das Engagement aller Beteiligten ist rein ehrenamtlich - den Erlös des Festes werden die Ortsvereine und das Therapiezentrum für ihre Angebote verwenden.

"Auch das Echo der Anwohner ist für uns einfach überwältigend", sagt Sabine Rickes, die Leiterin des Therapiezentrums: "Wie da jeder mitzieht und auch die eine oder andere Beeinträchtigung klaglos in Kauf nimmt, finde ich wirklich beeindruckend."

Der Tag beginnt mit einem evangelischen und einem katholischen Gottesdienst, dann geht es mit dem Bühnenprogramm in der Friedenstraße los. Nach dem Grußwort des Oberbürgermeisters heizt die Gruppe Schäng mit rheinischen Klängen ein, bei der Verlosung gibt es so interessante Preise wie eine Tagesfahrt zum Europaparlament nach Brüssel oder eine Oldtimerausfahrt mit dem Borgwart durch das Siebengebirge zu gewinnen.

"Über den Auftritt von Schäng freuen wir uns ganz besonders, da Winni Lombardo ja ein echt Pützchener Jung ist", sagt Lilo Patt-Krahe über den Frontmann der Gruppe. Noch eine Besonderheit bietet das Fest: Nicht nur die Ansprache von Jürgen Nimptsch, sondern auch die Liedtexte von Schäng werden in Gebärdensprache übersetzt.

Das Therapiezentrum

Das Therapiezentrum an der Siegburger Straße ist eine Wohneinrichtung für Menschen mit körperlicher oder mehrfacher Behinderung. Zur Einrichtung gehören außer dem Haupthaus neben der Gesamtschule eine Außenwohngruppe, eine Tagesgruppe und ein ambulantes Angebot. Die Ortsvereine Pützchen-Bechlinghoven sind ein Zusammenschluss von Vereinen, Kirchengemeinden, Schulen, Einrichtungen und Gruppierungen aus den beiden Orten. Mehr unter www.puetzchen-inklusiv.de.

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