Ernst-Kalkuhl-Gymnasium Schule früher: Lehrerzimmer war ein Badehaus

OBERKASSEL · Türmchen, Glocke, Brummstunde und Karzer. Es weht ein Hauch von Feuerzangenbowle - dem berühmten Film mit Heinz Rühmann - durch die Gebäude an der Königswinterer Straße. Tradition und Moderne verbinden sich seit 133 Jahren auf dem Gelände hinter der Fassade aus der Gründerzeit. Julia Glos und Marie Beeser führten die Besucher des Schulfestes durch die bewegte Geschichte des Ernst-Kalkuhl-Gymnasiums.

 Internatsleben früher: Bevor die Jungen am Wochenende nach Hause fuhren, nutzten sie das Badehaus. Repro: Max Malsch

Internatsleben früher: Bevor die Jungen am Wochenende nach Hause fuhren, nutzten sie das Badehaus. Repro: Max Malsch

Ausstaffiert mit Schulmützen und Bändern, erkundeten sie mit Schülern, Eltern und Ehemaligen die Gebäude und berichteten Anekdoten aus dem "unbekannten Kalkuhl". Los ging es im Lehrerzimmer.

"Das wurde früher von den Jungen als Badehaus genutzt. Bevor die Schüler am Wochenende nach Hause fuhren, haben sie sich hier gründlich gereinigt", berichtete Studiendirektor Ernst-Martin Heel, der mit seinem Bruder Franz-Christoph Heel in vierter Generation seit 2001 Schulträger ist. "Und im Büro unseres Direktors wurden die Schweine geschlachtet, die im hinteren Schulgelände gehalten wurden", ergänzte Geschichtslehrer Stefan Haufer.

Das Lehrerzimmer wurde eben erst umgestaltet, dort gibt es nicht, wie üblich, Tische und Stühle, sondern lediglich Stehtische. "Aus dem Lehrerzimmer ist nun ein Kontaktbereich geworden", so Heel. Plätze zum Arbeiten finden die Lehrer eine Etage höher.

Weiter geht es zum Speisesaal. Vor der Tür hängt eine Glocke, die bereits viele Generationen von Schülern gequält hat. "Sie wird jeden Morgen um sechs Minuten nach sieben Uhr geläutet, und danach muss sich jeder Internatsschüler der Unterstufe bis 7.15 Uhr in Raum 1 bei dem diensthabenden Lehrer mit dem Satz “Ich bin wach„ melden", berichten Julia und Marie. Wer verschläft, müsse eine Brummstunde absitzen,

Die 17-Jährigen erzählten von den Anfängen des Gymnasiums, das 1880 von Ernst Kalkuhl gegründet wurde. Der Sohn eines Bohrschmieds aus Remscheid machte eine Ausbildung als Lehrer und lernte über Sprachreisen das englische Internatswesen kennen. Kalkuhl übernahm die Leitung eines Lerninstituts in Coburg und heiratete seine 13 Jahre jüngere Klavierschülerin Johanna Lindner.

Über einen Freund aus dem Rheinland hörte er vom leerstehenden Bahnbetriebsamtsgebäude in Oberkassel, das er 1880 kaufte, und das Institut Kalkuhl eröffnete. "Begonnen hat er den Lehrbetrieb mit fünf Schülern, drei aus dem bergischen Land und zwei aus England", berichtete Haufer.

Der Sohn des Schulgründers, Karl Kalkuhl, starb kurz nach dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges, und so übernahm der Ehemann der Tochter Alma, Franz Heel, die Leitung der Schule. "Bei der Hochzeit war Ernst Kalkuhl übrigens nicht anwesend, weil er streng protestantisch, Franz Heel aber katholisch war", so der Geschichtslehrer.

Franz Heel starb 1957. Er stürzte bei einem Festessen im Speisesaal und starb anschließend im Klinikum auf dem Venusberg. Sein Sohn Karl-Ferdinand, kurz KF genannt, wurde neuer Schulträger.

Nach einem Schlenker in den Trakt, wo bis in die 50er Jahre der Karzer, ein Kurzzeitgefängnis für Schüler war, die etwas ausgefressen hatten, erkundeten die Besucher die sogenannte Abtei - die nichts mit einem Kloster zu tun hat, sondern so heißt, weil Hausmeister Abt diesen Speicher komplett ausgebaut hat.

Mit eingezogenem Kopf gelangten die Besucher durch den schmalen Gang ins Atelier von Ernst-Martin Heel. "Früher wurden dort Partys gefeiert. Einer seiner Freunde war Peter Millowitsch, der Sohn von Willi Millowitsch, mit dem er auch eine eigene Band hatte", erzählten die Schülerinnen.

Ein weiterer berühmter Ehemaliger lagerte dort seine Werke: der Maler Jörg Immendorff, der das Porträt von Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder malte. Die Führung endete im Rosengarten. Damit schloss sich der Kreis, denn das Gelände, auf dem sich die Schüler vom hektischen Alltag erholen können, wurde ganz im Geiste des Schulgründers Ernst Kalkuhl genau so wie in englischen Internaten angelegt.

Mehr zur Schule gibt es beim Tag der offenen Tür am Samstag, 12. Oktober, von 8.30 bis 12 Uhr und im Internet auf www.kalkuhl.de.

Das bietet die Schule

Das Ernst-Kalkuhl-Gymnasium besuchen 643 Schüler, unterrichtet von 56 Lehrern. Die Halbtagsklassen werden von je 29 Schülern besucht. Es bestehen Schüleraustausche mit England und Frankreich. Das EKG hat einen Chor, ein Orchester und eine Schach-AG. Daneben gibt es den Schüler-Ruder-Verein und die Segel- und Surfgemeinschaft. Die Schule wird durch das Land NRW nach dem Ersatzschul-Finanzierungsgesetz (EFG) bezuschusst. Den Eigenanteil bestreiten die Eltern im Elternhilfekreis. Zurzeit gelten folgende Sätze: 72 Euro im Monat für ein Kind, 144 für zwei Kinder. Für das dritte und jedes weitere Kind werden die Kosten solidarisch von der Schulgemeinschaft getragen.

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