Rezitator in Oberkassel Oliver Steller begeisterte für Morgenstern

OBERKASSEL · Soll sie raus aus ihrem Haus oder lieber doch nicht? Es war putzig anzuschauen, wie Oliver Steller das Christian-Morgenstern-Gedicht "Gespräch einer Hausschnecke mit sich selbst" vortrug, beide Hände an den Kopf gelegt, die Zeigefinger als Schneckenfühler ausgestreckt und mit einer urkomischen Mimik.

 Oliver Steller zerbricht sich als Schnecke den Kopf.

Oliver Steller zerbricht sich als Schnecke den Kopf.

Foto: Stefan Knopp

"Einen Schritt raus? Lieber nit raus? Hausenitraus - Hauseraus ..." Das Publikum in der Aula des Ernst-Kalkuhl-Gymnasiums amüsierte sich köstlich - Morgensterns Humor funktioniert auch heute noch. Der Rezitator und Musiker präsentierte dort am Donnerstag sein brandneues Programm. Die Auswahl dieses Dichters kommt nicht von ungefähr: 2014 ist das 100. Todesjahr Morgensterns, der den Deutschen vorrangig mit seinen humoristischen Texten in Erinnerung geblieben ist.

Einige hatte Steller in Lieder umgedichtet, so das Galgenlied von den "drei Hasen". Andere trug Steller ohne Musik vor, dafür teils theatralisch wie im Gedicht "Die Flamme" über das Sterben einer Kerzenflamme: "Der Lockenkopf, ich will ihn haben! Sieh, wie ich ihm entgegenhungre!" Daneben vergaß Steller die ruhigen Werke nicht, etwa das depressive "Vöglein Schwermut". "Das Thema ist der Mensch mit seinem Werk, aber auch mit seinem Lebenslauf", so Steller.

Viel erfuhr man aus dem Leben des 1871 in München geborenen Dichters. Etwa, dass er in der Schule schlecht war: "Ich werfe ab und zu ein paar Gedichte in die Klasse, damit sie mich, weil ich doch in den Fächern nichts Gutes leiste, nicht für dumm, sondern nur für faul halten." Später brach die Tuberkulose auch bei ihm aus, er hatte sich bei seiner Mutter Jahre vorher angesteckt. Zudem kam es zum Bruch mit seinem Vater, und noch später gehörte Morgenstern einer Gruppe an, die sich "Galgenbrüder" nannte und eine spezielle Weltsicht hatte: "Ein Galgenbruder ist die beneidenswerte Zwischenstufe zwischen Mensch und Universum."

Steller begeisterte das Publikum für Morgenstern - ganz wie er es schon mit Tucholsky und Rilke geschafft hat. Es war sein fünfter Auftritt im Kalkuhl-Gymnasium. Dorthin hatte ihn Schulleiter Uli Drescher einst gebracht, der früher Lehrer am Godesberger Päda war, Stellers Schule.

Sein Morgenstern-Programm präsentiert Steller am 20. Februar ab 20 Uhr im Rheinischen Landesmuseum. Infos auf www.oliversteller.de.

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