Interview mit Dieter Wittmann Der Chef von 352 Karnevalsvereinen

BONN · Er lebt für den Karneval - und das 365 Tage im Jahr. Er steht aber nicht auf der Bühne im Rampenlicht, sondern zieht im Hintergrund die Fäden. Dieter Wittmann ist Präsident des Regionalverbands Rhein-Sieg-Eifel (RSE) und Präsident des Festausschusses Siebengebirge. Der Oberkasseler versteht sich als närrischer Gralshüter. Will heißen: Tradition und Ehrenamt hält er hoch. Über die Aufgaben eines Karnevalsfunktionärs sprach Wittmann mit dem GA.

 Dieter Wittmann feiert am liebsten in Oberkassel.

Dieter Wittmann feiert am liebsten in Oberkassel.

Foto: Max Malsch

Was reizt Sie an der Verbandsarbeit?
Dieter Wittmann: Im Regionalverband und im Festausschuss schaffen wir für Vereine nahezu optimale Rahmenbedingungen und erleichtern dadurch die Pflichtaufgaben der Vereinsvorstände.

Was bieten Sie denn an?
Wittmann: Wir verhandeln zum Beispiel mit der Gema Rahmenverträge für Karnevalisten aus. Ebenfalls haben wir einen Rahmenvertrag mit der ARAG Versicherung. Dadurch haben die Vereine viele Vergünstigungen.

Wie ist denn der aktuelle Stand bei den Gema-Gebühren?
Wittmann: Die im Vorjahr angekündigte Preissteigerung von bis zu 200 Prozent ist durch die intensiven Verhandlungen und den Vertragsabschluss des Bund Deutscher Karneval drastisch gesenkt worden. Wer bei uns Mitglied ist, erhält eine Gebührenreduzierung von 20 Prozent. Und zusätzlich gibt es für reine Brauchtumsveranstaltungen nochmals 15 Prozent Nachlass. Aber richtig ist: Die Gebühren sind erhöht worden. Fest steht aber auch, ohne Vertrag zwischen Gema und BDK hätten wir heute eine schlechtere Situation.

Wie viele Vereine vertreten Sie im RSE?
Wittmann: 352 zwischen Eifel und Westerwald.

RSE und Festausschuss feiern beide in diesem Jahr ihr 60-jähriges Bestehen. Haben Sie die Jubiläen in der Session gefeiert?Wittmann: Ja, das haben wir. Der Festausschuss Siebengebirge hat sein Jubiläum im Kurhaus von Bad Honnef gefeiert, und der RSE hatte vor wenigen Tagen zu einem Tollitäten-Treffen in die Stadthalle Bad Godesberg eingeladen. Dort standen mehr als 50 Narrenfürsten auf der Bühne und gaben ein tolles Bild ab.

Die Vereine aus Bonn, Bad Godesberg und Beuel gehören drei verschiedenen Festausschüssen an. Warum wurde nach der Kommunalen Neugliederung 1969 kein gemeinsamer Festausschuss für das Bonner Stadtgebiet gegründet?
Wittmann: Darüber wurde damals kurzzeitig nachgedacht. Die Idee wurde aber wieder verworfen, weil die Traditionen der einzelnen Stadtbezirke dadurch verloren gegangen wären. Ich bin heute noch der Meinung, dass diese Entscheidung damals richtig war. Der bönnsche Karneval lebt von seiner Vielfalt und vor allem von den unterschiedlichen Traditionen und Tollitäten. Daran darf nicht gerüttelt werden.

Was bereitet Ihnen derzeit Sorgen?
Wittmann: Ich sehe die Gefahr, dass einige Traditionscorps auf der Strecke bleiben. Seit einigen Jahren deutet sich eine Entwicklung an, die mir nicht gefällt. Die Corps werden immer weniger für Sitzungsauftritte gebucht.

Müssen sich Traditionsvereine mehr den Wünschen der Jugend öffnen?
Wittmann: Die Corps haben damit begonnen, Musik und Tänze von der klassischen Marschmusik hin zur modernen Musik zu entwickeln. Dieser Wandel muss auch im Karneval sein. Aber Veränderungen sind nun mal nur bis zu einem gewissen Punkt möglich, wenn man nicht die Traditionen opfern will. Und dagegen spreche ich mich aus.

Bietet der RSE etwas für Jugendliche an?
Wittmann: Wir haben 2012 eine RSE-Jugend gegründet. Das macht Sinn, weil Jugendliche besser die Bedürfnisse von Gleichaltrigen einschätzen können. Die Nachwuchsarbeit liegt mir sehr am Herzen, weil wir nur so unser Brauchtum an die nächsten Generationen weitergeben können. Außerdem veranstalten wir jedes Jahr in Meckenheim unser Nachwuchstanzturnier für Garden, Paare und Tanzmariechen. Der nächste Termin ist am 16. März in der Jungholz-Halle.

Haben Sie überhaupt Zeit und Lust, Karneval privat zu feiern?
Wittmann: Lust ja, Zeit wenig. Nur ein Termin im Jahr ist für mich privat geblockt: Das ist der Oberkasseler Zug an Karnevalssamstag und die anschließende Zoch-Party in der Jupp-Gassen-Halle. Ansonsten ist mein Kalender voll mit Repräsentationsterminen für den Regionalverband und den Festausschuss.

Wie sehen Sie die Zukunft des Karnevals?
Wittmann: Da habe ich keine Sorge. Wenn der Karneval auch weiterhin auf den Säulen des Ehrenamts fest verankert ist, wird dieses rheinische Brauchtum noch sehr lange existieren, weil es Freude unter die Menschen bringt. Aber eines will ich deutlich sagen: Ohne das Ehrenamt würde es den Karneval in dieser Form nicht geben. Und da werde ich nicht müde, das immer wieder und überall auf den Bühnen zu erwähnen, und die Vereine dafür zu loben.

Zur Person

Dieter Wittmann ist 67 Jahre alt und in Oberkassel geboren. Er ist verheiratet und hat eine Tochter. Der gelernte Schreiner arbeitet seit 1969 als Bestattungsunternehmer in Oberkassel. Er war 25 Jahre Präsident der KG Kaasseler Jonge. Seit 1990 ist er im Regionalverband Rhein-Sieg-Eifel im Präsidium aktiv, seit 2002 als Präsident. Diese Funktion hat er seit 1990 im Festausschuss Siebengebirge inne. Dieses Amt will er 2015 abgeben. Seit 2012 ist Wittmann Präsidiumsmitglied im Bund Deutscher Karneval.

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