Holzlar im Porträt Ein Ort, der seine Geschichte bewahrt

HOLZLAR · Am südlichen Rand des Ortes schlängelt sich der Mühlenbach vorbei an restaurierten Fachwerk- und flachen Backsteinhäusern, die sich zwischen Neubauten verstecken. Ein schmaler Weg endet in einem kleinen Idyll, dem der Bachlauf seinen Namen verdankt. Hier dreht sich knarzend und klappernd, zwischen mehr als 20 Meter hohen Eichen und Erlen versteckt, das eicherne Mühlrad der alten, historischen Mühle des Beueler Ortsteils Holzlar.

 Es klappert die Mühle am rauschenden Bach: Hans Klaus inspiziert das Mühlrad der Holzlarer Mühle auf Schäden.

Es klappert die Mühle am rauschenden Bach: Hans Klaus inspiziert das Mühlrad der Holzlarer Mühle auf Schäden.

Foto: Andreas Dyck

Erstmals in diesem Jahr hat Hans Klaus die seit 1988 unter Denkmalschutz stehende Mühle angeworfen und damit den Winterschlaf der Mühle beendet, wie er sagt. Klaus ist Vorsitzender des Mühlenvereins, der sich seit 1989 um den Erhalt der Mühle bemüht.

Doch als sich die Mitglieder des Vereins ihrer annahmen, befand sich die Mühle in keinem guten Zustand mehr. "Es musste alles restauriert und wiederhergestellt werden", erinnert sich der 72-Jährige. Vier Jahre lang wurde das historische Bauwerk, das erstmals 1512 urkundlich erwähnt wird, wieder instand gesetzt. Eine Zisterne und eine Pumpe haben den Bachlauf am Mühlenteich ersetzt, der ehemals das Mühlrad antrieb.

Nun kommen Schulklassen und Wandergruppen, um das Industriedenkmal zu bewundern und sich Geschichte und Funktionsweise erklären zu lassen. Rund 1.600 Besucher hat der Verein im letzten Jahr gezählt. Zudem sieht Klaus in dem Ort gleichzeitig ein kleines Kulturzentrum. Kunstausstellungen, Jazzkonzerte und Dichterlesungen finden dort statt.

Seit der Gebietsreform von 1969 gehört Holzlar zu Beuel. Zuvor war der Ort Teil der früheren Gemeinde Menden. Ehemalige umliegende Dörfer wie Kohlkaul und Roleber sind mit dem früheren Ortskern zusammengewachsen. Der Ort mit rund 8 000 Einwohnern wirkt an diesem Nachmittag verschlafen. Leichter Regen hat die Straßen mit Wasser benetzt, und auch der angrenzende Wald am Ennert dampft vor Feuchtigkeit.

Hier steht seit 1968 das Waldcafé, inzwischen eine feste Größe in Holzlar. Vom Familiencafé hat es das Hotel Ende vergangenen Jahres zum Vier-Sterne-Betrieb geschafft. Neben Reisenden kommen viele Familien und Spaziergänger. Hochzeiten und Geburtstage werden hier gefeiert. "Wir begleiten viele Familien von der Geburt bis zur Beerdigung über alle Sakramente hinweg", sagt Inhaber Stephan Weyler lachend.

Das Gebäude im Landhausstil wartet nach hinten raus mit einem großen, lichtdurchfluteten Wintergarten. Er gibt den Blick auf den Wald preis, und echte Olivenbäume und Birken nehmen das Thema Wald auch im Inneren auf. "Der Wald und die Ruhe, die er bringt, sind unser besonderes Merkmal", sagt Weyler. Doch darauf ruht sich der Hotelchef nicht aus. Der Aspekt von Natur und Nachhaltigkeit spielt für ihn eine wichtige Rolle, und so sorgt seit drei Wochen ein hauseigenes Blockheizkraftwerk dafür, dass Energiekosten gespart werden. Nicht weit weg vom Hotel entfernt betritt Hella Lenders den von Geschichten und Efeu umrankten alten evangelischen Friedhof. Als die 71-Jährige Anfang der Siebziger nach Holzlar zog, begab sie sich auf Spurensuche in ihrem Ort.

Auch hier auf dem Friedhof hat es ein bedeutender Teil der Geschichte Holzlars in die Gegenwart geschafft. Deutsche Industriegrößen wie Leopold Bleibtreu liegen hier begraben. Der Industrielle ist besonders für seinen Alaunabbau in der Region bekannt geworden. Ein gusseisernes Kreuz erinnert an ihn und seinen Sohn Carl, der im Alter von 30 Jahren ums Leben kam.

Nur wenige Meter davon entfernt steht der älteste Grabstein aus dem Jahr 1658. Der Bauer Hermann Lindner hatte damals in seinem privaten Baumgarten seine Frau begraben. Die konfessionellen Wirren der Zeit zwischen Katholiken und Evangelen hatten es dem Bauer unmöglich gemacht, seine Frau auf einem richtigen Friedhof zu beerdigen. So entstand die Begräbnisstätte, die heute unter Denkmalschutz steht.

Auch Lindners gleichnamiger Enkel liegt hier, dessen Geschichte ebenfalls von der Tragik des Konfessionsstreits erzählt. Als er ein katholisches Mädchen nicht heiraten durfte, weil sich deren Eltern und Pastor dem Glück in den Weg stellten, verstarb der junge Mann - an gebrochenem Herzen, da ist sich Lenders sicher.

Passend zu dieser Geschichte führt Lenders zum Schluss an einen Ort, der ihr sehr wichtig ist. Entlang der Paul-Langen-Straße zeugen Holz- und Steinkreuze von einem alten Kreuzweg, den im Mittelalter Kreuzritter angelegt hatten. Darunter auch ein Kreuz, das erst in jüngster Zeit dazu gekommen ist und zur Ökumene ermutigt.

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