Interview mit Susanne Rohde und Monika Bühler Ein beeindruckendes Echo

BEUEL · Gespräch am Wochenende: Susanne Rohde und Monika Bühler haben geholfen, zwei syrische Familien nach Beuel zu holen.

 Die beiden pensionierten Lehrerinnen Monika Bühler (l.) und Susanne Rohde gehören zum Unterstützerkreis, der es möglich gemacht hat, zwei syrische Familien nach Beuel zu holen.

Die beiden pensionierten Lehrerinnen Monika Bühler (l.) und Susanne Rohde gehören zum Unterstützerkreis, der es möglich gemacht hat, zwei syrische Familien nach Beuel zu holen.

Foto: Max Malsch

Acht Verwandte hat die Beueler Familie Mousstafa aus dem syrischen Bürgerkrieg nach Deutschland geholt. Ohne die Unterstützung der Beueler Initiative gegen Fremdenhass und zahlreicher helfender Hände und Spender wäre das nicht möglich gewesen. Mit Susanne Rohde und Monika Bühler von der Initiative sprach Johanna Heinz über Traumatisierung, die Hilfsbereitschaft der Beueler Bürger und die Mühlen der Bürokratie.

Wie geht es den beiden geflüchteten Familien?
Susanne Rohde: Oberflächlich gesehen geht es ihnen prima. Sie sind gut angekommen. Sie haben sich gut eingelebt. Aber im Hintergrund schlummern die schrecklichen Erfahrungen und Traumatisierungen. Sie denken viel und mit Sorge an in Syrien zurückgelassene Verwandte und Freunde und schämen sich fast, dass es ihnen allein jetzt gut geht.

Wir hätten natürlich auch gerne mit den Familienmitgliedern selbst gesprochen ...
Monika Bühler: Sie sind überwältigt von den neuen Eindrücken und müssen sich erst einmal sortieren. Nachts, wenn sie zur Ruhe kommen, kommen die Erlebnisse wieder hoch. Schon vor dem Bürgerkrieg wurden die Frauen bedroht, weil sie nicht als gläubige Muslime aufgetreten sind. Dann hat die eine der beiden Familien erlebt, wie ganz Aleppo zerstört wurde. Sie haben gesehen, wie Leute umgekommen sind, vor ihren Augen.
Rohde: Hinzukommt, dass die Kindern jetzt in der Schule sind, die Eltern sich in der Stadt bewegen. Sie scheuen einfach, erkannt und hervorgehoben zu werden. Das müssen wir respektieren.

Wie konnten sie den beiden Familien helfen?
Rohde: Beide Familien sind über das NRW-Programm gekommen, das es hier lebenden Menschen ermöglicht hat, syrische Familienangehörige zu sich zu holen.
Bühler: Wir kannten die Frau und Kinder der Familie Mousstafa seit 19 Jahren über unser Café International.
Rohde: Wir wussten genau, wem wir helfen, und das ist etwas anderes, als Geld auf ein Spendenkonto zu überweisen für die namenlose Menge. Die erste Hürde, die überwunden werden musste, waren die Verpflichtungserklärungen - die Garantie, dass man alle Kosten bis auf die Krankenversorgung selbst trägt. Es sind viele tausend Syrer, die Interesse haben, Verwandte herzuholen, aber nur ganz wenige, die sich das überhaupt leisten können. Durch Artikel im General-Anzeiger haben wir weitere Menschen gefunden, die bereit waren, die Bürgschaften mitzutragen.

Wie ging es weiter?
Rohde: Auf unsere Spendenaufrufe haben wir ein beeindruckendes Echo bekommen.
Bühler: Auch die katholischen und evangelischen Gemeinden in Beuel haben uns unterstützt, und die evangelische Gemeinde in Holzlar. Dort haben wir ja auch eine Wohnung für die beiden Familien gefunden und eingerichtet. Wir danken den vielen Menschen, die alle durch ihre kleinen und größeren Spenden zum Lebensunterhalt der Familien beitragen.

Trotzdem hat es gedauert, bis die Familien im Sommer endlich ankamen. Warum?
Bühler: Das Ganze hat sich fast vier Monate lang hingezogen. Es hat gedauert, bis sie nach der gefährlichen Flucht in die Türkei dort einen Termin im Konsulat bekamen. Dann durfte die eine Familie mit dem Kleinkind nicht in den Flieger steigen. Man wollte sie offenbar dafür bestrafen, dass sie mehr oder weniger illegal in die Türkei eingereist sind. Sie durften aus Istanbul nur gegen eine Strafe von 1200 Euro ausreisen.
Rohde: Angesichts der großen Zahl an Flüchtlingen sind die Konsulate, Botschaften und das deutsche Ausländeramt gar nicht ausreichend personell ausgestattet. Es ist nicht verantwortbar, dass die bürokratischen Wege so dermaßen lange dauern.

Wie können Sie die Familien weiter unterstützen?
Bühler: Susanne gibt Sprachunterricht. Ich gehe ein- oder zweimal die Woche hin und mache mit den Kindern Schularbeiten.
Rohde: Unser Hauptaugenmerk ist jetzt darauf gerichtet, Jobs zu finden. Denn die über das Programm privat finanzierten Flüchtlinge dürfen arbeiten und sie wollen das auch unbedingt. Es ist aber natürlich nicht in jedem Beruf einfach, gleich eine Stelle zu finden. Dazu kommen die fehlenden Deutschkenntnisse. Wir wünschen uns sehr, dass sich Menschen melden, die eine Idee haben. Der eine Mann ist Tischler, der andere Schuhmacher. Eine der beiden Frauen möchte, auch ohne Berufsausbildung, gerne arbeiten. Und wir benötigen natürlich weiterhin Spenden, um den Lebensunterhalt der beiden Familien stemmen zu können.

Was können Sie mit Ihren Erfahrungen Menschen raten, die auch helfen wollen?
Bühler: Die Möglichkeit, einzelnen Menschen so zu helfen, wir wir das tun, gibt es gerade nicht. Das NRW-Programm ist geblockt. Das Land gibt die Anträge jetzt an das Bundesprogramm weiter. Das Programm sollte aber unbedingt wieder aufgenommen werden. Allein in NRW wollten Menschen 31 500 Verwandte aufnehmen, tatsächlich konnten davon in ganz NRW nur 648 Personen einreisen.
Rohde: Es gibt aber natürlich sehr viele unterschiedliche Gruppen von Geflüchteten. Und das Mithelfen kann so vieles umfassen. Wer helfen möchte, kann sich zum Beispiel bei der Stabsstelle Integration der Stadt und rund ums Migrapolis erkundigen.

Zur Person

Susanne Rohde (66) engagiert sich seit 22 Jahren bei Beueler Initiative gegen Fremdenhass. Sie lebt in Vilich-Rheindorf, war Grundschullehrerin in Siegburg und hat zwei erwachsene Kinder.

Monika Bühler (65) engagiert sich ebenfalls seit 22 Jahren in der Beueler Initiative gegen Fremdenhass. Auch sie war Grundschullehrerin, allerdings an der Paul-Gerhardt- Schule in Beuel. Sie ist verheiratet, wohnt in Oberkassel und hat ebenfalls zwei erwachsene Kinder.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort