VfB Beuel Verein hilft bei der Rückkehr in den Beruf

BEUEL · Heinz-Josef Oellers war drogen- und alkoholabhängig, 1999 versuchte er, Selbstmord zu begehen. Heute ist der 55-Jährige, der ursprünglich aus dem Raum Mönchengladbach kommt, seit mehr als 15 Jahren "clean", wohnt seit sechs Jahren selbstständig und hat eine Freundin, mit der er bald zusammenziehen möchte.

 Heinz-Josef Oellers arbeitet seit zehn Jahren als Fahrer beim VfB in Beuel - auch dadurch hat er es geschafft, nach Drogen- und Alkoholabhängigkeit zurück in ein normales Leben zu finden.

Heinz-Josef Oellers arbeitet seit zehn Jahren als Fahrer beim VfB in Beuel - auch dadurch hat er es geschafft, nach Drogen- und Alkoholabhängigkeit zurück in ein normales Leben zu finden.

Foto: Johanna Heinz

Dass es ihm heute so gut gehe, sagt er, habe er auch dem Verein für Behindertensport Bonn/Rhein-Sieg (VfB) zu verdanken. Seit zehn Jahren arbeitet Oellers als Fahrer bei dem in Beuel ansässigen Verein, dem größten Anbieter von ambulantem Reha- und Präventionssport in der Region.

Wer aus gesundheitlichen oder psychischen Gründen länger aus dem Arbeitsleben ausscheidet, für den ist eine Wiedereingliederung oft schwierig, vor allem, wenn er nicht voll belastbar und leistungsfähig ist. Diesen Menschen möchte der Verein eine Chance geben. "Am Anfang waren wir ein reiner Träger von Angeboten des Reha-Sports", sagt VfB-Geschäftsführer Burkhard Lammsfuß. Der Schwerpunkt habe sich verlagert. "Wir helfen den Menschen dann vor allem, wenn wir sie langfristig wieder in ein geregeltes Arbeitsleben zurückholen."

Neun Fahrer hat der Verein, der vor elf Jahren einen eigenen Fahrdienst gründete, inzwischen nach diesem Modell eingestellt und beschäftigt sie in Vollzeit. Der Verein möchte das Engagement weiter ausdehnen. Laut Lammfuß gibt es dafür auch einen zweiten, weniger idealistischen Grund: der seit Anfang des Jahres geltende Mindestlohn. Bei 8,50 Euro Stundenlohn müsse der Arbeitgeber mit rund 10,80 Euro Kosten rechnen.

"Früher haben wir für den Fahrer pro Stunde acht Euro, für den Beifahrer, der beim Aus- und Einsteigen hilft, weitere fünf Euro veranschlagt. Jetzt sind das pro Stunde nicht mehr 13 sondern 21 Euro", sagt Lammsfuß. "Die Aufträge, auch der Behörden wie Stadt oder LVR werden aber nicht entsprechend angepasst." Ohne die geförderten Mitarbeiter sei es für den Verein gar nicht möglich, mit den vielen Wettbewerbern wie Mietwagenverleihern und Taxiunternehmen mithalten zu können.

Der Verein zahlt seinen Mitarbeiten ein reguläres Gehalt. Doch zunächst starten alle mit einem Praktikum oder einem 1-Euro-Job. "Es zeigt sich dann schnell, wer schon wieder arbeitsfähig ist, und bei wem es nicht funktionieren wird", sagt Lammsfuß. Zu Beginn zahlt die Arbeitsagentur einen Eingliederungszuschuss. Die Höhe und Dauer der Förderung richten sich danach, wie stark die Arbeitsleistung eingeschränkt ist.

In der Regel wird der Zuschuss ein Jahr lang bezahlt. Doch auch danach gibt es die Möglichkeit, durch die örtliche Fürsorgestelle oder das Integrationsamt gefördert zu werden. Sie zahlt einen Ausgleich auf die Personalkosten für den Mitarbeiter. Außerdem werden den wiedereingegliederten Mitarbeiten Vertrauenspersonen zur Seite gestellt. "Weil bei uns pädagogisch geschulte Projektleiter arbeiten, die Erfahrung mit der Betreuung von Menschen mit Behinderungen haben, lassen wir das im eigenen Haus." Das heißt, die eigenen Mitarbeiter kümmern sich um die wiedereingegliederten Kollegen.

Die Förderungen speisen sich aus den Ausgleichzahlungen, die Arbeitgeber an das zuständige Integrationsamt entrichten müssen, wenn sie die vorgeschriebene Quote von fünf Prozent schwerbehinderter Beschäftigten unterschreiten. In Bonn ist das Integrationsamt des Landschaftsverbands Rheinland (LVR). "Mit rund 35 Prozent Mitarbeitern mit Behinderungen liegen wir deutlich über der Quote", sagt Lammsfuß.

Neben den neun Fahrern ist auch der IT-Spezialist des Vereins ein geförderter Mitarbeiter. 2007 hat der heute 37-Jährige, der namentlich nicht genannt werden möchte, sein Studium abgebrochen. Es wurde eine Schizophrenie diagnostiziert. Es folgten Therapie und Reha. Dann begann er ein Praktikum beim VfB. "Zuerst saß ich nur meine zwei Stunden ab, habe mich abgeschottet", sagt er. Dann habe er sich Stück für Stück in den Arbeitsalltag inte-griert. "Ich habe gemerkt, dass die Kollegen sehr nett sind, dass es Arbeit für mich gibt. Sich immer weiter zu steigern, das war ein sehr schönes Gefühl." Neben seiner Arbeit absolvierte er am Heinrich-Hertz-Berufskolleg eine zweijährige Umschulung zum Fachinformatiker.

Danach hat der VfB ihn fest eingestellt und hat die Arbeitsbedingungen auf die Bedürfnisse des 37-Jährigen angepasst. "Wenn es mir schlecht geht, kann ich nach Hause gehen. Auch, wenn ich fast nie davon Gebrauch mache: Es ist sehr beruhigend zu wissen, dass das geht." Durch die Förderung des LVR konnte sein Arbeitsplatz so aufgerüstet werden, dass Lammsfuß die Arbeit nun auch problemlos von Zuhause aus erledigen kann.

Auch die Autos der Fahrer werden zum Großteil durch die Förderung finanziert und an die Beeinträchtigungen der Mitarbeiter angepasst. Heinz-Josef Oellers beispielsweise hat einen Grad der Behinderung von 40 Prozent. "Wir ermöglichen den Mitarbeiten längere Ruhezeiten, keine so schnelle Taktung wie auf dem ersten Arbeitsmarkt", sagt Lammsfuß.

Die Rückfallquote sei, vor allem bei Heroinabhängigen, normalerweise enorm hoch. "Ich bin ein sehr zuverlässiger Mensch", sagt Oellers. "Der VfB hat mir die Chance geben, das unter Beweis zu stellen, unabhängig von meiner Vergangenheit." Fünf seiner Fahrer hätten eine solche Vergangenheit, sagt Lammsfuß. Dass von ihnen noch keiner gekündigt habe oder rückfällig geworden sei, sei beachtlich und bestärke ihn, auf diesem Weg weiter zugehen.

Zuschüsse für Arbeitgeber

Arbeitgeber können zur Eingliederung von förderungsbedürftigen Arbeitnehmern, deren Vermittlung wegen in ihrer Person liegender Gründe erschwert ist, einen Zuschuss zum Arbeitsentgelt (Eingliederungszuschuss) von bis zu 70 Prozent erhalten. In welcher Höhe und für welchen Zeitraum gezahlt wird, prüft die zuständige Arbeitsagentur in jedem Einzelfall. Es wird erwartet, dass der Arbeitgeber den Beschäftigten nach Ende der Förderdauer mindestens für die gleiche Zeit weiter beschäftigt.

Wer schwerbehinderte Menschen beschäftigt, kann auch darüber hinaus beim zuständigen Integrationsamt finanzielle Förderung beantragen. Zuschüsse gibt es sowohl, wenn der Beschäftigte deutliche Leistungseinschränkungen hat, als auch, wenn er besonders viel Unterstützung oder Betreuung braucht. Auch die Einrichtung eines behindertengerechten Arbeitsplatzes oder Arbeitshilfen werden gefördert. Das Integrationsamt berät und informiert zudem in allen mit der Beschäftigung schwerbehinderter Menschen zusammenhängenden Fragen.

Weitere Informationen im Internet unter www.arbeitsagentur.de, www.integrationsaemter.de und www.integrationsamt.lvr.de

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