Hochwasser 1993 Familie Hallitzky feierte ohne Strom und Heizung

BEUEL · Kartoffelsalat mit kalten Bockwürstchen - so sah heute vor 20 Jahren die abendliche Menüfolge bei der Familie Hallitzky in Beuel aus. Abgerundet hat diese "besinnliche" Atmosphäre der Ausfall von Strom und Heizung.

Wer jetzt denkt, so viel Pech kann man doch gar nicht an Heiligabend haben, der irrt. Denn im Dezember 1993 waren in Beuel viele Dinge nicht so wie sonst. Das sogenannte Jahrhunderthochwasser mit einem Rekordpegel von 10,13 Metern hielt viele Familien in Ufernähe in Atem. Dort, wo "Land unter" herrschte, mussten Häuser evakuiert werden und Menschen in Notunterkünften übernachten. Weihnachten 1993 fiel für viele Rhein-Anrainer buchstäblich ins Wasser.

Zurück zur Familie Hallitzky: Das Haus in der Rheinaustraße 183 galt und gilt als nahezu hochwassersicher. Im Erdgeschoss waren damals nur Garage, Sauna und Schwimmbad untergebracht. "Schon Tage vorher haben wir diese Räume leer geräumt. Meine Mutter und ich verfolgten stündlich die Entwicklung des Bonner Rheinpegels und notierten die Wasserstände. Bereits am 22. Dezember war klar, dass Weihnachten ungemütlich werden wird", erzählte Ina Harder geborene Hallitzky in einem Gespräch mit dem General-Anzeiger.

Im elterlichen Haus lebten damals Vater Albert und Mutter Trudi. Bruder Hans und die Schwester waren bereits ausgezogen, kehrten aber zu Weihnachten zurück. Abgerundet wurde die Besetzung für des chaotischen Weihnachtsfestes durch den spontanen Besuch von Großmutter Eva Büchel. Die Oma lebte eigentlich nur wenige Meter entfernt ebenfalls in der Rheinaustraße. Das Haus war alt und nicht hochwassersicher.

Und so kam es, dass Oma Eva kurz vor Weihnachten raus aus ihrem Haus musste. In ihren Wohnräumen stand das Wasser 1,40 Meter hoch. "Wir saßen damals stundenlang am Fenster und beobachteten das Geschehen. Es war wie in Venedig: Die Menschen waren mit Booten unterwegs. Viele von ihnen hatten Leitern auf den Hochwasserstegen befestigt, um von dort in die erste Etage ihres Hauses klettern zu können", erinnerte sich Harder.

Viele nette Episoden haben sich in dieser Zeit abgespielt: Freunde der Familie Hallitzky schickten mittels Fleurop alle Jahre wieder Blumen zum Weihnachtsfest nach Beuel. Und das zustellende Blumengeschäft ließ sich 1993 auch nicht von den Wassermassen abhalten. Ein Mitarbeiter des Blumengeschäfts überbrachte den Strauß mittels Boot. Da er aber die Hausnummer wegen des hohen Wasserstands nicht mehr ablesen konnte, rief er während des Ruderns laut durch die Rheinaustraße: "Blumen für Hallitzky, Blumen für Hallitzky . . . ."

Körperhygiene war zu dieser Zeit auch nicht einfach. Wasser gab es zwar reichlich, aber keinen Strom. "Wir mussten damals zum Duschen ins Beueler Hallenbad. Die Stadt hatte das Schwimmbad ganztägig geöffnet, damit die vom Hochwasser Betroffenen sich dort waschen konnten", sagte Harder.

Am Vormittag des 24. Dezember ruderten Mitglieder der Beueler Stadtsoldaten durch die Rheinaustraße und verteilten zum Weihnachtsfest selbstgekochte Erbsensuppe. "Es war die einzige warme Mahlzeit, die wir damals essen konnten. Mein Vater zündete dann noch einmal an Weihnachten den Camping-Gaskocher an. Meine Mutter nutzte die Chance und briet Bratkartoffeln", so Ina Harder.

An Heiligabend denken sie und Hans Hallitzky gerne zurück. Großmutter, Mutter und Vater sind mittlerweile tot, aber die Kinder halten die nasse Bescherung in guter Erinnerung: "Die Hilfsbereitschaft unter den Nachbarn war sehr groß. Von anderen Menschen haben wir viel Hilfe erfahren. Weihnachtsbaum und Geschenke gab es damals nicht, dafür sind wir uns aber sehr nahe an diesem Abend gekommen", erklärte Ina Harder.

Bereits am ersten Weihnachtstag begannen die Hallitzkys mit den Aufräumarbeiten: "Wir mussten uns vor allem mit dem Reinigen beeilen. Als das Hochwasser sich zurückgezogen hatte, trocknete der Schlamm sehr schnell und wurde hart wie Stein."

Zur Person

Ina Harder wurde 1969 in Bonn geboren. Von Anfang an lebt sie in Beuel und zwar im elterlichen Haus in der Rheinaustraße. Sie ist Präsidentin des Alten Beueler Damenkomitees von 1824 und damit Obermöhn der Beueler Weiberfastnacht. In dieser Funktion löste sie 2011 ihre Vorgängerin Evi Zwiebler ab.Von Beruf ist sie kaufmännische Angestellte und arbeit als solche bei dem Dualen System"Grüner Punkt".

GA lädt ins Museum ein

Der General-Anzeiger lädt im Rahmen seiner Diskussionsreihe "Beueler Treff" für Freitag, 27. Dezember, ins Beueler Heimatmuseum, Wagnergasse 2-4, ein. Unter dem Motto "Weihnachtshochwasser 1993 - Erinnerungen und Konsequenzen" diskutieren ab 18 Uhr Gertrude Jöbsch, Helma Linzbach, Hanns Möhle, Egon Peffekoven, Werner Baur, Hans Lennarz und Michael Thielges mit GA-Redakteur Holger Willcke. Gäste sind herzlich willkommen und können mitdiskutieren. Der Eintritt ist frei.

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