"Kunst an der Kletterwand" Die Kunst des Kletterns

BEUEL · Leilon (12) zieht das Klebeband von der Wand. Ein weißes Muster entsteht wie magisch auf dem roten Hintergrund. Während sie und eine Freundin sich um die Gestaltung der Kletterwand kümmern, hat Tim ein ganz anderes Projekt: "Ich baue Stromleitungen für eine Seilbahn, die oben abfahren soll", sagt der Zwölfjährige, während er zwei Seile von der Kletterwand hinunter zum Boden spannt.

 Neben der künstlerischen Gestaltung der Fläche ist auch das Klettern Teil des Projekts.

Neben der künstlerischen Gestaltung der Fläche ist auch das Klettern Teil des Projekts.

Foto: Max Malsch

Im Nebenraum wird gesägt, auf einer großen Matratze debattieren zwei Jungs darüber, welche Versicherung für den Schaden an einer Zahnspange aufkommt. "Kunst an der Kletterwand" heißt ein Projekt, das zurzeit in den Räumen des Vereins Abenteuer Lernen in der Beueler Tapetenfabrik stattfindet. Benachteiligte Kinder und Jugendliche gestalten seit Februar gemeinsam die Wand und klettern an ihr. Jetzt, in den Sommerferien, findet eine Woche lang ein Workshop des Projekts statt.

"Das Projekt ist so angelegt, dass es erstens um den künstlerischen Ausdruck geht, aber auf der anderen Seite auch um Bewegung, um den Aufbau von Körperspannung, um Akrobatik", sagt Erika Luck-Haller von Abenteuer Lernen. "Es ist faszinierend, wie die beiden Bereiche immer mehr zu einem werden. Kunst vertikal", sagt Tobias Stutz von der Alanus Hochschule. Der Kunsttherapeut und Künstler leitet den Workshop gemeinsam mit Zirkuspädagogin Marion Ladich vom Bonner Spielezirkus.

"Wir versuchen, alle Ideen aufzunehmen, jedem bei der Umsetzung so viel Eigenverantwortung wie möglich zu geben und obwohl jeder auch immer wieder für sich wurschtelt, nicht zu vergessen, dass es eine gemeinsame Aufgabe ist", sagt sie. An dem Freitzeitprojekt nehmen Kinder und Jugendliche im Alter von zehn bis 16 Jahren teil, die auf ganz unterschiedliche Weise benachteiligt sind, zwei Kinder mit Autismus sind dabei, andere haben ein stark

ausgeprägtes Aufmerksamkeitsdefizit- Syndrom, sie stammen aus Flüchtlingsfamilien oder aus armen Verhältnissen. Zwar hat sich der Verein in all seinen Projekten und Programmen der Inklusion verschrieben, oft seien die Kinder mit besonderen Bedürfnissen aber Teil einer gemischten Gruppe. "In diesem Projekt sind die Kinder eine echte Herausforderung", sagt sie und lacht. "Die größte Herausforderung ist es aber, die Kinder überhaupt hierher zu bekommen, weil wir es zum Teil mit Eltern zu tun haben, die sich darum nicht wirklich kümmern."

Das Projekt, das auch nach den Sommerferien wieder in regelmäßigen Terminen mit Kindern der Gartenschule, zukünftig Rheinschule, aber auch Workshops und Wochenenden weitergeführt wird, wird im Rahmen des Programms "Künste öffnen Welten" des Bundesbildungsministeriums gefördert.

Das Programm will mehr kulturelle Bildungsgelegenheiten für Kinder und Jugendliche schaffen, die bisher weniger davon profitieren konnten, dass die Künste einzigartige Lernwege und ganz eigene Weltzugänge eröffnen. Es richtete sich an Kinder und Jugendliche, die von Bildungsarmut betroffen sind, aber auch in sozialen, ökonomischen oder kulturellen Risikolagen aufwachsen. Im November soll die künstlerisch gestaltete Kletterwand fertig sein. Ohne die Förderung durch ein solches Programm seien Projekte dieser Art nicht möglich, sagt Luck-Haller. Aber auch auf kontinuierliche finanzielle Unterstützung sei der Verein angewiesen. In den vergangenen sechs Jahren bekam Abenteuer Lernen Finanzmittel von der Aktion Mensch.

Doch die Förderung laufe im Oktober aus, so Luck-Haller. Derzeit sei offen, ob beispielsweise die Stadt die Grundförderung übernimmt.

Tagung zur Inklusion

Unter dem Titel "Inklusion lebendig machen" veranstaltet der Verein Abenteuer Lernen am Freitag und Samstag, 25. und 26. September, eine Tagung in der Beueler Tapetenfabrik, Siebenmorgenweg 22. Dabei soll es um die Frage gehen, wie Inklusion in der Kinder- und Jugendarbeit verwirklicht werden kann. Verschiedene Vorträge und Praxisworkshops zum Thema werden angeboten. Informationen und Anmeldung bis Donnerstag, 10. September, unter www.abenteuerlernen.org oder Tel. 0228/44 29 03. Die Teilnahme kostet 30 Euro.

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