Sabine Wackernagel in der Brotfabrik Die Gefühlswelt der Rosa Luxemburg

BEUEL · "Eine Welt muss umgestürzt werden, aber jede Träne, die geflossen ist, obwohl sie abgewischt werden könnte, ist eine Anklage". Unter diesem Motto, einem Zitat Rosa Luxemburgs, sind Briefe chronologisch angeordnet, aus denen Sabine Wackernagel am Sonntag in der Brotfabrik gelesen hat.

 Sabine Wackernagel las gestern in der Brotfabrik.

Sabine Wackernagel las gestern in der Brotfabrik.

Foto: Schmidt

Dabei hat sich Wackernagel nicht der politischen Kämpferin, der Revolutionärin angenommen - sieht man von der philosophischen Frage ab, ob jemand "unpolitisch" sein kann -, sondern sie hat sich die privaten Briefe Rosa Luxemburgs ausgesucht.

Dabei stellte sie eine Frau mit leidenschaftlicher Liebe zu Natur, Kunst und Musik vor, eine Frau mit enormen Fähigkeiten, Freundschaften mit den Menschen, die ihr Leben begleiteten, unter allen Umständen zu hegen und zu pflegen. Aber auch eine Frau, die kein Blatt vor den Mund nahm, die keine Antwort schuldig blieb und die ihre Gefühlswelt nicht unterdrückte - in guten wie in bösen Worten.

Wieso Rosa Luxemburg? "Weil sie mich nahezu mein ganzes Leben lang begleitet hat", so die einfache Antwort von Sabine Wackernagel. Bereits bei ihrem ersten Engagement am Landestheater in Tübingen 1971 kam sie mit deren Briefen in Kontakt. Da habe sie zum ersten Mal Luxemburgs Briefe aus dem Gefängnis gelesen. Seit dem habe sie "immer mal wieder, immer mit anderen Augen" in die Briefe Luxemburgs reingeschaut. Über die Jahre hinweg habe sich diese Lesung entwickelt. Von Anfang an habe für sie festgestanden, dass sie nur private Briefe nehmen würde.

Wackernagel gab auch zu, dass sie mit den politischen Schriften Rosa Luxemburgs heillos überfordert gewesen wäre. "Außerdem kommt aus ihren privaten Briefen ihre Arbeit ja auch hervor, ihre starke Emotionalität und ihre Liebe zu den Menschen."

Die Besucher bekamen durch diese Lesung sicher ein ganz anderes Bild von Rosa Luxemburg, von ihrem Leben, ihren Freund- und Liebschaften, ihren Alltagsproblemen vermittelt, auch von ihren Aufenthalten in den Gefängnissen und ihrem letzten Wunsch: auf ihrer Grabtafel solle nur der Ruf der Kohlmeise stehen.

Im September dieses Jahres wird Wackernagel mit ihrem neuen Programm "Raben und andere Mütter" wieder in der Brotfabrik gastieren. Dafür hat sie Texte von Mütter zusammengetragen, die sie spielen wird.

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