Unterwegs in Beuel Auf der Beueler Kulturmeile mit dem JTB-Intendanten Moritz Seibert

BEUEL · Von Theater zu Theater und dazwischen noch ein Häppchen Kultur, so könnte man den Spaziergang zusammenfassen, den Moritz Seibert, der Intendant des Jungen Theaters Bonn (JTB) in der Hermannstraße mit mir unternommen hat.

 Beuels Mitte bietet reichlich Kultur, die Moritz Seibert zeigt: Angefangen am Mahnmal am Synagogenplatz über die Brotfabrik mit Theater und Kino, das Junge Theater, das auch einmal ein Kino war, bis hin zum Heimatmuseum.

Beuels Mitte bietet reichlich Kultur, die Moritz Seibert zeigt: Angefangen am Mahnmal am Synagogenplatz über die Brotfabrik mit Theater und Kino, das Junge Theater, das auch einmal ein Kino war, bis hin zum Heimatmuseum.

Foto: Rainer Schmidt

Ich hatte meine Begleiter vor der Verabredung immer gebeten, keinen repräsentativen Rundgang durch den gesamten Ort zu machen, sondern mit mir ihre Lieblingsstrecke abzugehen.

So führte Moritz Seibert mich vom Hinterausgang des Theaters schnurstracks in die Rheinlust, eine Gaststätte mit großer Terrasse und herrlichem Blick auf den Rhein. "Mein zweites Büro", sagte er. "Hier sitze ich oft mit meinem Notebook, trinke Kaffee und schreibe." Dazu muss man wissen, dass Seibert nicht nur Intendant ist, er ist auch Dramaturg am Theater, schreibt Stücke um oder übersetzt sie - er hat viel Schreibarbeit. Und mit Sicherheit wird er in der Rheinlust weniger gestört als in seinem Büro.

Auf dem Weg zum zweiten Punkt, den er mir zeigen möchte, durch die Friedrich-Breuer-Straße, schwärmt er, wie praktisch es hier ist: "Wenn man mitten in Beuel wohnt, dann bekommt man alles, was man zum täglichen Bedarf braucht, innerhalb von drei Fußwegminuten." Ihm imponiere es, dass es hier noch viele inhabergeführte Läden gibt.

Über die Rathausstraße erreichen wir den Synagogenplatz, wo ein unscheinbares Mahnmal steht. Mit der "Beueler Initiative gegen Fremdenhass und Gewalt" verbindet ihn eine langjährige Zusammenarbeit. Jedes Jahr am 9. November, der Reichsprogromnacht, führt diese von hier aus einen Schweigemarsch und eine Gedenkveranstaltung im JTB durch.

Nicht nur der bunte Mix an Geschäften gefällt ihm hier, auch die Mischung an Kultur hat es ihm angetan. Denn unsere nächste Station ist ein ganz besonderer Kulturtempel in Beuel, das Kulturzentrum Brotfabrik in der Kreuzstraße. Vor 28 Jahren wurden hier ein Theatersaal, ein Kinosaal, eine Café-Restaurant-Kneipe, eine Theaterwerkstatt, drei Tanzräume, ein Atelier und ein Seminarraum geschaffen. Seit 1993 existiert hier auch das Theater Marabu, ein freies Theater für junges Publikum. Moritz Seibert empfindet die Brotfabrik nicht als Konkurrenz, sondern als Ergänzung: "Ein Gewinn für die Menschen, die hier wohnen oder die hier herkommen."

Auf dem Weg zurück bleiben wir am Dr.-Weiß-Platz stehen und blicken in westliche Richtung, auf die andere Seite der Bahn. Denn dort befinden sich weitere Kulturstätten. In der Tapetenfabrik hat das JTB einen Proberaum und in der Halle Beuel in der Siegburger Straße hat sich das Theater Bonn mit vielen Probebühnen, Werkstätten und Aufführungsplätzen niedergelassen. Das Heimatmuseum in der Hermannstraße bildet den Abschluss unserer Tour. Leider hatte es nicht geöffnet. Aber auch von außen ist es ein Blickfang, wenn man seine Augen über die Details gleiten lässt.

Zurück von der "Tour de Kultur" am JTB, erfahre ich von Moritz Seibert noch einiges über das JTB selbst. Dass es mal ein Kino war, das kann man von außen und von innen erkennen. "Das hier war früher ein Tanz- und ein Fechtsaal als Anhängsel einer Gaststätte", erklärt er mir. "Die ältesten Mauern hiervon sind noch aus einer Zeit, da wusste man noch gar nicht, dass es einmal Kinos geben würde." Filme werden auch heute noch ab und an im JTB gezeigt.

Von der Hermannstraße bis zur Siegburger Straße, vom JTB bis zur Halle Beuel, das würde in jeder anderen Stadt als Kulturmeile bezeichnet werden. Warum nicht in Beuel, frage ich mich nach der Stunde mit Moritz Seibert.

Zur Person

Moritz Seibert wurde vor 47 Jahren in Berlin geboren und wohnt seit 1975 in Bonn. Sechs Jahre studierte er an der Filmakademie in Ludwigsburg, Baden-Württemberg. Als Abschlussarbeit entstand unter seiner Regie der Film "David im Wunderland". Mehr zufällig lernte er 1998 Helmut Tromm, von 1969 bis 2003 Intendant vom Jungen Theater Bonn (JTB), kennen. Über "Hilfe bei der Arbeit", wie es Moritz Seibert nennt, ist er ins JTB gekommen und wurde dort 2003 Intendant. Heute gehört das JTB zur Spitze der deutschen Kinder- und Jugendtheater und steht finanziell auf einer gesunden Basis. Eine Besonderheit macht das JTB in Deutschland zum Exoten: Kinder und Jugendliche werden von Kindern und Jugendlichen gespielt.

Angegliedert an das JTB ist eine Schauspielschule für Kinder ab zehn Jahren.

Viele neue Kurse in den Bereichen Schauspiel und Musical beginnen Ende September wieder in der JTB-Werkstatt. Das ganze Kursprogramm ist unter www.jt-bonn.de einsehbar.

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