Heute vor 75 Jahren in Beuel Zwangsarbeiter am Finkenberg hingerichtet

BEUEL · Weil sie angeblich verbotene intime Beziehungen zu deutschen Frauen hatten, wurden zwei polnische Zwangsarbeiter heute vor 75 Jahren hingerichtet. Es müssen fürchterliche Szenen gewesen sein, die sich am 29. Juli 1941 im früheren Steinbruch im südlichen Teil des Finkenberges ereigneten.

 Das Foto zeigt polnische Zwangsarbeiter der Jutespinnerei an einer Baracke am Pfaffenweg.

Das Foto zeigt polnische Zwangsarbeiter der Jutespinnerei an einer Baracke am Pfaffenweg.

Foto: Privat

Denn dorthin mussten Zwangsarbeiter zunächst den transportablen Galgen der Gestapo bringen und aufstellen, bevor ihre Mitgefangenen Ceslaw Worech und Felix Garbarek an ihm erhängt wurden. „Den 27 und 30 Jahren alten polnischen Zwangsarbeitern wurde vorgeworfen, Kontakte zu deutschen Frauen zu haben. Sie wurden ohne Gerichtsverfahren getötet“, berichtet Susanne Rohde von der Beueler Initiative gegen Fremdenhass. Die anderen Zwangsarbeiter seien zudem gezwungen worden, der Ermordung zuzuschauen. „Die Hinrichtung ihrer Landsleute sollte der Abschreckung dienen.“

Über die beiden Männer weiß die Beueler Initiative nicht viel. Eventuell könnten sie in der alten Jutespinnerei, der heutigen Halle Beuel, wie viele andere Zwangsarbeiter gearbeitet haben. Möglicherweise arbeiteten sie aber auch in einem landwirtschaftlichen Betrieb.

Mitglieder der Beueler Initiative haben recherchiert, dass im damals größten Beueler Industriebetrieb, der Jutespinnerei, die Produktion in den Kriegsjahren vor allem durch Frauen, Männer, Kinder und Jugendliche aus Polen und der Sowjetunion aufrecht erhalten wurde.

Die gefährlichsten Arbeiten für wenig bis gar keinen Lohn

Sie mussten die schwersten und schmutzigsten, die gefährlichsten und gesundheitsschädlichsten Arbeiten erledigen. Sie mussten länger und härter arbeiten – für niedrigsten oder gar keinen Lohn. Sie lebten in Baracken auf dem Produktionsgelände. „Eine richtige Aktenlage zu den Beueler Kriegsgefangenen und Zwangsarbeiter gibt es nicht“, erklärt die ehemalige Lehrerin Rohde.

Vor dem Naziterror waren auch deutsche Frauen nicht gefeit. Jolanta Altman-Radwanska berichtet in ihrem Buch „Fremde in Bonn. Ein historisches Lesebuch“: „Engere Kontakte zu den polnischen Kriegsgefangenen waren ... gefährlich. Im Oktober 1940 wurde die 17-jährige Barbara Sch. zur Strafe in Bonn an den Pranger gestellt, weil sie einen Brief an einen polnischen Kriegsgefangenen geschickt hatte. Als Abschreckung gedacht war damals auch die spektakuläre Hinrichtung von zwei Polen auf dem Beueler Finkenberg, die wegen angeblicher Beziehungen zu deutschen Frauen sterben mussten.“

Schüler und Lehrer der Gesamtschule Beuel hatten 1987 in einem Geschichtsprojekt die Geschehnisse recherchiert und dokumentiert. „Das hat damals viel Staub aufgewirbelt. Aber trotz vieler Widerstände erinnert seither ein Gedenkstein an die drei namentlich bekannten Opfer der Hinrichtungen am Finkenberg“, sagt Rohde. Das dritte Opfer war Tichon Sobcuk. Er wurde am 4. April 1944 hingerichtet.

Erinnerungsort für die Zwangsarbeiter

Eine weitere Gedenkstätte pflegt die Beueler Initiative auf dem Beueler Friedhof am Platanenweg. Dort gibt es ein Gräberfeld, das an die Schicksale der 40 Männer und Frauen und 20 Kinder und Jugendliche erinnert, die während des Zweiten Weltkriegs als Zwangsarbeiter nach Beuel verschleppt wurden und hier starben. Die Wiese und die Namensplatten waren verwahrlost, bis Mitglieder der Initiative die Tafeln 2014 säuberten und mit einer kleinen Gedenkfeier an die Opfer der Nazi-Gewaltherrschaft erinnerten.

Dort wollen sie nun einen würdigen Erinnerungsort für die Zwangsarbeiter schaffen. Dafür fertigt der Beueler Steinmetzmeister Michael Naundorf derzeit eine Stele an, die aus Spenden finanziert wird. Sie soll rund 3000 Euro kosten, rund 2000 Euro hat die Initiative bereits an Spenden erhalten.

Die neue Gedenkstätte wird am 1. September eingeweiht – im Gedenken an den deutschen Überfall auf Polen am 1. September 1939.

Weitere Informationen hat Susanne Rohde von der Beueler Initiative gegen Fremdenhass. Sie ist unter der Rufnummer 02 28/46 13 16 zu erreichen. Spenden für die Stele können auf das Konto mit der IBAN-Nummer DE 3237 0501 9800 3292 6198, Stichwort: Förderverein für Stele, eingezahlt werden.

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