Gertrude Jöbsch erinnert sich an letzten Heiligabend im Zweiten Weltkrieg Weihnachten fielen die Bomben

BEUEL · Weihnachten 1944. Der letzte Heilige Abend des Zweiten Weltkriegs. Es herrschten harte Zeiten. Not, Mangel, Sorgen und Angst ließen die Menschen vor 70 Jahren nicht zur Ruhe kommen. Zwar hatten die britische und die amerikanische Luftwaffe Bonn und Beuel mehr als fünf Jahre lang nicht als Hauptangriffsziel in ihren Planungen vorgesehen. Doch das änderte sich ab Herbst 1944.

 Gertrude Jöbsch am festlich geschmückten Weihnachtsbaum vor dem Heimatmuseum. An Heiligabend 1944 wurde ihr Elternhaus zum zweiten Mal bombardiert.

Gertrude Jöbsch am festlich geschmückten Weihnachtsbaum vor dem Heimatmuseum. An Heiligabend 1944 wurde ihr Elternhaus zum zweiten Mal bombardiert.

Foto: Max Malsch

"Wenn es in der Weltkriegschronik deutscher Städte einen Schwarzen Tag gibt, ist dies für Bonn und Beuel der 18. Oktober 1944 gewesen", heißt es im "Portal Rheinische Geschichte" des Landschaftsverbandes Rheinland. "Trotz einiger zweifellos hart betroffener Schadensgebiete bleibt als grundsätzliche Tatsache festzuhalten, dass Bonn vor dem Flächenbombardement des 18. Oktober 1944 weitgehend von den Schrecken des Luftkrieges verschont geblieben war. Diese Sonderstellung unter den Großstädten im Westen sollte ihm nun zum Verhängnis werden", berichtet Helmut Vogt in seinem Buch "Bonn im Bombenkrieg. Zeitgenössische Aufzeichnungen und Erinnerungsberichte von Augenzeugen."

Weihnachten und Silvester 1944 folgten weitere schwere Luftangriffe. "Wir wurden während des Krieges fünf Mal ausgebombt. Am 24. Dezember 1944 wurde unser Haus in Beuel zum zweiten Mal bombardiert", erinnert sich Gertrude Jöbsch. Die Geschäftsführerin des Beueler Heimat- und Geschichtsvereins und ihre Familie suchten Unterschlupf bei ihren Großeltern in Lengsdorf.

"Die hatten ein 380 Jahre altes Haus mit einem Gewölbekeller. Da konnte man zwar rein, aber durch keinen anderen Ausgang raus", sagt Jöbsch, die damals elf Jahre alt war. "Trotz der ganzen Umstände hatten wir einen Weihnachtsbaum", sagt die Beuelerin. "Mein Opa war Bäcker und so hatten wir sogar Spekulatius und Printen - aber ohne Schokolade. Statt dessen gab es einen Apfel dazu", erinnert sich Jöbsch. Die Großeltern hatten noch ein Schwein geschlachtet, so dass auch die Erwachsenen Geschenke bekamen: "Jede Familie bekam einen Henkelmann mit Wurstsuppe und jeweils eine Blut- und eine Leberwurst sowie Bratwürste", erzählt Jöbsch.

Bei der Bombardierung ihres Elternhauses sei auch die familieneigene Krippe zerstört worden. Das war für das damalige Mädchen ein Ereignis, dass sie niemals vergessen sollte. "Die nächste Krippe gab es erst, als ich verheiratet war. Mein Mann hatte sie 1956 geschnitzt", sagt die Beuelerin. "Wir wohnten damals noch behelfsmäßig und mein Mann finanzierte mit den Einnahmen aus dem Schnitzen sein Studium. Die Krippe hatte für mich immer eine ganz besondere Bedeutung."

Auch später: "In der Adventszeit gab es einen netten Brauch bei uns, den ich mit meinen Kindern gepflegt habe", erzählt Jöbsch. Wenn ein Kind mal besonders lieb war, durfte es einen Strohhalm in die Krippe legen, damit es das Christkind einmal schön warm und weich hatte.

"Es kamen natürlich auch Weihnachtsfeste vor, an denen die Krippe nicht sehr gut gepolstert war", berichtet Jöbsch mit einem Augenzwinkern. Der Advent und die Weihnachtszeit mit ihren Bräuchen begeistern Gertrude Jöbsch bis in die heutige Zeit: So realisierte sie 2005 mit weiteren Interessierten die Sonderausstellung "Bekannte Weihnachtsbräuche - ihre Bedeutung und Herkunft", die im Heimatmuseum zu sehen war.

Dabei wurden Begriffe wie Adventszeit, Adventskranz, Adventskalender und Bräuche erklärt. Und auch die Krippe der Familie spielte wieder eine Rolle: Denn Ochs und Esel sowie das Jesuskind, die ihr Mann einst aus Lindenholz geschnitzt hatte, konnten von den Besuchern bestaunt werden.

Info

Eine besondere Krippe mit historischen Figuren ist derzeit im Heimatmuseum Beuel, Wagnergasse 2-4, aufgebaut. Sie kann dort noch bis zum 2. Februar 2015 dort bewundert werden. Öffnungszeiten des Heimatmuseums: mittwochs, samstags und sonntags jeweils von 15 bis 18 Uhr und nach Vereinbarung.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort