Siegfried-Leopold-Straße War die Baugenehmigung bei der "Skandal-Baustelle" rechtens?

BEUEL · Nach der umfangreichen Berichterstattung in Funk, Fernsehen und Printmedien hat sich am Freitagmittag auch das Verwaltungsgericht (VG) Köln vor Ort einen Überblick über die sogenannte "Skandal-Baustelle" in der Siegfried-Leopold-Straße verschafft.

Wie der GA erfuhr, ging es den Richtern in erster Linie nicht um die Ereignisse auf der Baustelle, sondern um die Frage, hat die Stadt Bonn zu Recht eine Baugenehmigung erteilt. Zwei Klagen von Privatpersonen gegen die Stadt Bonn sind am VG Köln anhängig. Das VG Köln tagt dazu am Mittwoch, 24. April, am Landgericht Bonn.

In den vergangenen Tagen haben sich die Ereignisse an der Baustelle überschlagen. Nachdem bislang nur die Familie Lückerath als direkter Nachbar Schäden am eigenen Haus festgestellt hatte, gibt es jetzt einen zweiten Fall. Nicola Lohr, die auf der gegenüberliegenden Straßenseite in ihrem Privathaus seit fast 20 Jahren die Boutique "La Vie" betreibt, kam mit ihrer Familie aus dem Urlaub wieder und stellte in allen Hausetagen Risse in den Wänden fest.

"Diese Schäden sind eindeutig auf die Bauarbeiten für das neue Wohn- und Geschäftshaus von Herrn Ulrich Speicher zurückzuführen", sagte sie in einem Gespräch mit dem GA. Sie ist sich mit ihrer Behauptung deshalb so sicher, weil sie auf Anraten eines Freundes 2012 vor Beginn der Bauarbeiten ein Beweissicherungsverfahren hat durchführen lassen: "Ein Diplom-Ingenieur und Architekt hat auf unsere Kosten ein Gutachten über den Zustand des Hauses erstellt und das belegt eindeutig, dass einige Risse im November noch nicht existiert haben."

Der Experte aus Düsseldorf, Peter Buciek, bestätigte dem GA die Aussagen Lohrs: "Es gab bereits kleinere Risse im Putz. Hinzu gekommen sind aber Risse im Sturzbereich einiger Türen und an Zimmerdecken, die nicht unbedenklich sind." Er empfiehlt der Familie, mit den Sanierungsarbeiten so lange zu warten, bis die Bauarbeiten am Jahresende fertig sind.

"Ich habe sofort die vom Bauherren uns mitgeteilte Notfall-Hotline angerufen, um die Schäden zu melden. Es ging aber keiner dran. Ich habe alles auf Band gesprochen. Es hat sich aber niemand bei uns gemeldet", sagte Lohr.

Ihr Gespräch mit dem städtischen Ordnungsamt bezeichnete Lohr als sehr unbefriedigend: "Man hat mir zu verstehen gegeben, dass die Stadt mit diesen Vorfällen nichts zu tun habe. Die Stadt würde sich erst dann einschalten, wenn die öffentliche Sicherheit durch die Baustelle gefährdet sei. Das Telefon bei der Stadt war auf Mithören eingeschaltet und im Hintergrund hat jemand sogar über meine Sorgen gelacht."

Auch aus dem Hause Lückerath gibt es neue unerfreuliche Nachrichten: Nachdem Mitte Januar ein Abrissbagger die Hauswand und Teile der Küche beschädigt hatte, haben Experten jetzt beim Beginn der Sanierungsarbeiten festgestellt, dass größere Teile der Außenwand abgerissen und erneuert werden müssen. "Die Wand war einsturzgefährdet. Am Donnerstag sind große Teile der Wand herausgebrochen worden", erklärte Lückerath, die nun seit drei Monaten in einer Art Behelfsküche lebt: "Meine Familie leidet unter diesem Zustand im Haus. Ein normales Alltagsleben ist wegen des Durcheinanders nicht mehr möglich. Das Schlimme ist das Gefühl, dass einem von der Verursacherseite niemand helfen will. Im Gegenteil, man wird öffentlich als Querulant abgestempelt", ärgert sich die Lehrerin.

Bislang hat der Bad Godesberger Architekt Nikolaus Decker in der Öffentlichkeit Stellung für den Investor, die Immobilien Grundbesitz GmbH & Co. KG (ICG) mit Sitz in Beuel, bezogen. Das hat sich jetzt geändert. Decker: "Wegen des schwebenden Gerichtsverfahrens und des Ausmaßes der Beschwerden werden ich mich ab jetzt nicht mehr gegenüber den Medien äußern."

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