Handwerk Traumberuf Bierbrauer

Pützchen · Die Brauerei am Alaunbachweg in Pützchen ist ein erfüllter Lebenstraum: In den USA ließ sich Fritz Wülfing in den Bann der Craft Breweries ziehen.

Die kornkreisartigen Reifenspuren des Gabelstaplers auf dem knallgelben Boden der Fabrikhalle „werden wir wohl nochmal überstreichen müssen“, seufzt Fritz Wülfing und sucht nach einem Pflaster. Er hat sich beim Beladen eines Lkw an der Hand verletzt, stört sich aber nicht weiter daran. Als der ehemalige Hobbybrauer Wülfing noch in der heimischen Gartenlaube in Küdinghoven fuhrwerkte, war das mit weitaus weniger logistischen Herausforderungen und körperlicher Anstrengung verbunden.

„Jetzt muss ich hier den ganzen Morgen mit diesem Fahrzeug hantieren, dabei will ich doch eigentlich nur Bier brauen“, sagt er und lacht. Der 53-Jährige meckert natürlich nur (halb) im Scherz, die Brauerei am Alaunbachweg in Pützchen ist ein erfüllter Lebenstraum.

Als 25-jähriger Student der Verfahrenstechnik macht Wülfing ein Praktikum in der Schultheis-Brauerei in Weißenthurm, im Rahmen eines USA-Aufenthalts lässt er sich in den Bann ziehen von der Experimentierfreudigkeit und dem Miteinander der in den Staaten verbreiteten Craft Breweries (auf Deutsch Mikrobrauereien). Diese bilden Netzwerke, gehen offen mit Techniken und Rezeptideen um und stellen nicht zuletzt in Dimension und Reichweite einen Gegenentwurf zu alteingesessenen deutschen Großunternehmen dar.

2010 lässt er sich zum Biersommelier ausbilden und entwickelt Eigenes zunächst in besagter Gartenlaube, dann als Kuckucksbrauer in der Vormann-Brauerei in Hagen-Dahl. Vergangenes Jahr gründet er mit Kompagnon Carsten Deichmann die Biersmarck GmbH (Reichskanzler und Bierliebhaber Bismarck soll seinerzeit im Reichkanzlerpalais sogenannte parlamentarische Bierabende ausgerichtet haben), zieht mit seinen Instrumentarien übergangsweise in Räumlichkeiten an der Königswinterer Straße und von dort in die neu errichtete Halle in Pützchen – unweit der Hausbrauerei Ennert-Bräu, wo Familie Lorbetzki parallel zum Restaurantbetrieb seit rund 20 Jahren verschiedene Sorten Craft Beer kreiert.

Wülfings neuer Arbeitsplatz erinnert mit ihrem auffallend farbigen Boden und den eindrucksvollen Operatoren an Walter Whites Superlab (aus der Serie Breaking Bad), ist wohlgemerkt Produktionsstätte legaler Substanzen. Im hinteren Teil befindet sich ein provisorisches Büro, an der rechten Wand stapeln sich Paletten mit Tausenden noch unbefüllten und unetikettierten Dosen und Flaschen. Links stehen nebeneinander Sudhaus mit Maisch-Läuterbottich, Würzepfanne und Gärbehälter. „Der Hauptgenerator, das Sudhaus, besteht aus zusammengebauten Milchtanks und haben wir einem Bauern abgekauft“, erklärt Wülfing.

Der Reihenfüller habe mal einem Winzer von der Mosel gehört. Da „fritzale“ einer Limonadenmarke in die Quere kam, heißt Wülfings Bier nun Ale-Mania Bonn. „Das enthält das Herkunftsland, den Lokalbezug und selbstverständlich das Bier“, sagt Wülfing. Er unterbricht kurz, ein Lastwagen ist vorgefahren.

Wülfing beliefert einen Großhändler, will sich aber auch auf dem lokalen Markt etablieren. Ale-Manias India Pale Ale, Imperial Red Ale und Golden Ale „gibt es jedenfalls schon in der ein oder anderen Kneipe“. Seinen Job in der Exportkontrolle bei T-Systems hat er nach wie vor, plant, der Tätigkeit in Zukunft aber nur noch halbtags nachzugehen. Was er sich als Ale-Mania-Geschäftsführer wünscht? „Leute einstellen, vielleicht einen Lehrling ausbilden.“ In den vergangenen Jahren sei die Zahl der Mikrobrauer enorm gestiegen und ein Netzwerk entstanden. Brauer, Händler, Großhändler, Lieferanten – „wir unterstützen uns gegenseitig. Uns verbindet die Passion.“

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