Rat für Eltern in Not Silke Pallmann hilft Familien mit behinderten Kindern

Eltern mit schwerstbehinderten oder dauerhaft erkrankten Kindern befinden sich in extremen Belastungssituationen und begegnen vielfältigen Problemen. Sie sind überfordert und wissen oft nicht, wo sie Hilfe bekommen können.

 Leitet den Verein Torus: Silke Pallmann.

Leitet den Verein Torus: Silke Pallmann.

Foto: Max Malsch

Die Initiative Torus e.V. entlastet, berät und betreut diese Familien. Anke Vehmeier sprach mit der Vorsitzenden Silke Pallmann über Sorgen, Sicherheit und Selbsthilfe.

Warum wird die Initiative Torus gebraucht?

Silke Pallmann: Eltern kommen in eine existenzielle Notsituation, wenn sie erfahren, dass sie ein schwerstbehindertes oder schwer erkranktes Kind haben. Im Krankenhaus wird das Kind noch versorgt, aber was passiert danach? Es gibt Hilfen vom Staat, aber viele Eltern wissen und erkennen nicht, welche Möglichkeiten sie haben. Dazu kommt, dass Probleme und Bedürfnisse dieser Familien im Sozial- und Gesundheitssystem nur in Ansätzen oder punktuell berücksichtigt werden. Wir helfen den Familien in ihren unterschiedlichen Lebenssituationen mit individuellen und ganzheitlichen Lösungen. Wir wollen mit der Initiative Torus durch ein passgenaues Beratungs- und Unterstützungssystem eine Versorgungslücke schließen.

Warum brauchen die Eltern Ihre Hilfe?

Pallmann: In dieser Situation sind sie, meistens jedoch die Mütter, nicht selten 24 Stunden am Tag gefordert. Mit der Diagnose beginnend ein Leben lang. Die Kinder müssen auch nachts betreut oder auch behandelt werden. Je älter die Kinder sind, desto schwieriger wird es. Da ist es kein Wunder, dass Eltern dauerhaft überfordert sind. Außerdem ziehen diese Familien sich immer mehr zurück, einige schämen sich oder wollen nicht mit der Situation konfrontiert werden, dass ihnen andere Menschen aus dem Weg gehen.

Was tun Sie?

Pallmann: Wir geben den Eltern Aufmerksamkeit und Sicherheit, entlasten sie, helfen ganz praktisch, indem wir Gespräche anbieten, Hilfen vermitteln, etwa medizinische, pflegerische und therapeutische Leistungen. Wir begleiten sie auch auch bei Bedarf bei Behördengängen. Ganz wichtig ist uns, die Eltern in ihrer Selbstständigkeit und Unabhängigkeit zu bestätigen, ihre Selbsthilfekräfte zu stärken. Sie können unseren Verein mitgestalten oder mit anderen Eltern Selbsthilfetreffen organisieren. Wir begleiten sie dabei oder machen Angebote zur Freizeitgestaltung. Denn die Familien können, wenn überhaupt, nur sehr eingeschränkt am gesellschaftlichen Leben teilnehmen.

Wie sind Sie zu dem Engagement gekommen?

Pallmann: Ich war früher Psychotherapeutin mit eigener Praxis in Beuel. Als ich dann in den Ruhestand ging, wollte ich etwas Sinnvolles tun, nicht nur ins Theater gehen oder reisen. Mit 65 fängt man intensiver an, ans Altwerden zu denken. Außerdem wollte ich mich mit Tod und Trauer auseinandersetzen. Trauer auch ganz allgemein. So bin ich eher zufällig durch eine Anzeige zum ambulanten Kinderhospizverein gekommen. Dort habe ich zwei Jahre lang ein Kind in einer Familie begleitet. Nach Konflikten mit dem Verein hat sich eine Gruppe abgespalten und überlegt, etwas Eigenes zu machen. Damals gingen wir etwas naiv an die Gründung eines Vereins heran, waren aber kompetent in der Arbeit selbst. Das war 2012 und die Gründer waren ehrenamtlich in diesem Bereich tätige Menschen, auch Eltern mit schwerstbehinderten Kindern.

Was gibt Ihnen die Arbeit persönlich?

Pallmann: Eine innere Freude. Wenn ich von meinem Ehrenamt erzähle, höre ich häufig den Satz "das könnte ich aber nicht". Doch die Aufgabe, die dahintersteckt, ist ganz anders als erwartet, wenn man erlebt, wie fröhlich die Familien auch sind, wie Kinder, die vielleicht nur glucksen können, sich freuen. Eine Kollegin, die erst skeptisch war, begleitete neulich zwei Familien in den Freizeitpark. Als sie zurückkam, schwärmte sie nur "ach, das war ja so schön" - die Kinder waren glücklich und die Eltern konnten einmal für sich sein, was im Alltag nur ganz selten geht. Dafür engagieren wir uns.

Zur Person

Silke Pallmann wurde am 5. Mai 1943 in Hamburg geboren. Sie ist Diplom-Psychologin und arbeitete als Psychotherapeutin.

Der Verein Torus

Die Initiative Torus ist ein Verein, der von ehrenamtlich tätigen Fachleuten mit pädagogischen, psychologischen und medizinischen Kompetenzen getragen wird. Ergänzt wird das Team durch Menschen aus anderen Lebensbereichen, die ihre persönlichen und beruflichen Fähigkeiten zur Verfügung stellen. Alle haben Erfahrung. Es sind zum Teil auch Eltern mit schwerstbehinderten Kindern. Der Verein bittet um Spenden und Unterstützer. Weitere Informationen unter

Tel. 022 8/97 20 60 8, per E-Mail an info@initiative-torus.de und unter www.initiative-torus.de.

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