Tierschutz-Maßnahmen Shuttle-Service für Kröten und Frösche im Ennertwald

Beuel · Ehrenamtler tragen die Amphibien über die Pützchens Chaussee. Das Land und die Stadt bezahlen einen neuen Schutzzaun, damit die Tiere nicht überfahren werden.

 Kleine Medienstars: Vier Grasfrösche – zwei Weibchen und zwei Männchen – holt Christian Chmela, Leiter der Biologischen Station, aus den Auffangeimern. Die Tiere werden registriert und anschließend auf die andere Straßenseite der Pützchens Chaussee getragen.

Kleine Medienstars: Vier Grasfrösche – zwei Weibchen und zwei Männchen – holt Christian Chmela, Leiter der Biologischen Station, aus den Auffangeimern. Die Tiere werden registriert und anschließend auf die andere Straßenseite der Pützchens Chaussee getragen.

Foto: Benjamin Westhoff

Das Land Nordrhein-Westfalen, die Stadt Bonn und die Biologische Station Bonn/Rhein-Erft haben am Freitag offiziell Bonns älteste Amphibienschutz-Maßnahme reaktiviert und mit besserer Ausstattung versehen.

Der erste Krötentunnel in der Bundesstadt wurde Anfang der 1990er-Jahre an der Pützchens Chaussee gebaut. Die Betonrohre, die die Fahrbahn unterqueren, sind nach wie vor intakt. Seit wenigen Tagen steht jetzt zusätzlich ein 300 Meter langer Krötenschutzzaun parallel zur Straße, der dafür Sorge trägt, dass Kröten und Frösche nicht auf die Chaussee hüpfen können.

Mehr als 15 Jahre lang gab es laut Christian Chmela, Leiter der Biologischen Station Bonn/Rhein-Erft, keine nennenswerten Amphibienwanderungen im oberen Abschnitt der Pützchens Chaussee mehr. Und warum? Chmela geht davon aus, dass die Wasserqualität in den angrenzenden Weihern nicht gut war. Folge: Aus dem Laich entwickelten sich keine Kröten und Frösche.

2017 kam der Umschwung

Bürger informierten 2017 die Stadt Bonn und die Bio-Station darüber, dass vermehrt Amphibien die Fahrbahn Richtung Hardtweiher und Sieleweiher queren. Chmela und seine Mitarbeiter fuhren daraufhin mehrfach an den Ortsrand von Niederholtorf und beobachteten die Krötenwanderung. „Wir fanden mehr als 50 von Autos überfahrene Exemplare. Das lässt darauf rückschließen, dass sich deutlich mehr Tiere wieder auf Wanderschaft in Richtung dieser Teiche machen. Das rechtfertigt die erneuten Bemühungen, Kröten und Frösche an dieser Stelle vor dem sicheren Autotod zu retten“, erklärte der Biologe dem GA.

Juliane Rau, Leiterin der Unteren Naturschutzbehörde bei der Stadt Bonn, und Ute Zolondek, Leiterin des städtischen Umweltamts, haben sich für den Bau des Krötenschutzzauns stark gemacht und Fördergelder beim Land NRW akquiriert. Mit Erfolg: Das 8000 Euro teure Schutzprojekt wird von Düsseldorf mit 80 Prozent gefördert, sodass nur noch 1600 Euro an der Stadt Bonn hängen bleiben.

Weiblichen Tiere laichen bis zu 3000 Eier

Der Zaun wurde rechtzeitig fertig, denn der Winterschlaf der Amphibien ist vorbei. Seit wenigen Tagen hüpfen und krabbeln Erdkröten, Frösche, Feuersalamander und Lurche im Ennert. Sobald die Nachttemperaturen nicht mehr unter sechs Grad Celsius fallen, wachen die Amphibien aus ihrer Winterstarre auf und werden ab der Dämmerung aktiv. Das bedeutet dann Kröten-Alarm im Ennert. Aber nicht nur an der Pützchens Chaussee herrscht reger Krötenverkehr. Das Hauptwanderungsgebiet liegt nach wie vor an der Oberkasseler Straße. Ziel der paarungswilligen Tiere ist der Dornheckensee. Das Laichgewässer liegt am westlichen Ennerthang oberhalb der Bundesstraße 42.

Die weiblichen Tiere laichen bis zu 3000 Eier im Teichwasser ab. Und wie viele überleben davon? Christian Chmela: „Das ist ganz schwierig, sich auf eine Zahl festzulegen.“ Es sind wohl nur wenige, die im nächsten Jahr zu dem Laichgewässer zurückkehren. „Frösche und Kröten sind in der Nahrungskette sehr wichtig und haben deshalb viele Fressfeinde. Vor allem bei Vögeln und Mardern stehen Amphibien auf dem Speiseplan.“

Die Übergangszeit von Winter zu Frühjahr bedeutet für die Mitarbeiter der Biologischen Station verstärkten Arbeitseinsatz. Sobald die Tiere aktiv werden, wandern die Helfer den Amphibienschutzzaun täglich ab, um die Tiere aus den Fangeimern zu sammeln und über die stark befahrene Straße zu transportieren. An dem 1500 Meter langen Schutzzaun stranden pro Saison bis zu 1000 Frösche und Kröten. Wenn diese mühsame Arbeit nicht erledigt werden würde, stürben mehrere Hundert Tiere durch Autos. Aber es gibt auch noch den Aspekt der Verkehrssicherheit. Durch das Aufsammeln der Kröten werden Ausweichmanöver der Autofahrer, die auf der Gefällstrecke zur Autobahn gefährlich enden können, verhindert.

Den Rückweg treten die Tiere nach rund drei bis vier Wochen an. Dann werden es aber deutlich weniger Kröten sein, weil viele durch das kräftezehrende Laichgeschäft vor Erschöpfung gestorben sein werden. Außerdem freuen sich Fressfeinde wie der Iltis auf die Ansammlung der Kröten.

Christian Chmela appelliert an alle Autofahrer, in den nächsten Tagen und Wochen auf ehrenamtliche Helfer und auf Mitarbeiter der Bio-Station zu achten: „Alle tragen bunte Warnwesten. Dennoch kommt es immer wieder unnötig zu gefährlichen Begegnungen zwischen Autofahrern und Amphibienrettern.“

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