La Mediterrine in Oberkassel Schluss mit dem 15-Stunden-Tag

Oberkassel · Für das La Mediterrine in Oberkassel sind die Tage gezählt. Chefin Martina Schulte geht in Rente und hinterlässt traurige Kunden.

 Das Studium der Kochbücher ist für Martina Schulze genauso Leidenschaft wie das Kochen.

Das Studium der Kochbücher ist für Martina Schulze genauso Leidenschaft wie das Kochen.

Foto: Max Malsch

Es riecht so gut – nach Urlaub. Fein säuberlich liegen helle und dunkle Baguettes in Reih und Glied. Die Regale sind gefüllt mit Feinkost in Gläsern und Tüten. Die gute Seele des La Mediterrine in Oberkassel, Martina Schulze, wirbelt hinten in der Küche. Vorne bedienen Valerie Pellny und Silvia Göttner.

Immer haben sie Zeit für ein Gespräch mit den Kunden, für die Frage nach dem Wohlbefinden oder einen Tipp, wie die Pasta noch besser gelingt. Doch die Tage des Feinkostgeschäftes mit Bistro sind gezählt. Am 24. Dezember ist Schluss. Martina Schulze geht in Rente.

„15 Stunden jeden Tag arbeiten – das ist schon heftig. Man wird nicht jünger. Mein Mann und ich wollen reisen, ins Theater gehen und das Leben wieder mehr genießen. Vor allem brauchen wir mehr Zeit für unsere fünf Enkel“, begründet die 59-Jährige ihren Schritt. Der älteste kommt dieses Jahr in die Schule, der jüngste ist gerade geboren.

Der Laden ist definitiv verkauft. Doch bei aller Entschiedenheit bleibt ein Zweifel: Kann die leidenschaftliche Köchin überhaupt ohne? „Wenn ich noch einmal was mache, dann wird es auf jeden Fall kleiner.“ Mit einem kleinen Geschäft auf der Königswinterer Straße hat die Kochkarriere der gelernten Kauffrau angefangen. „Ich wollte immer einen Laden aufmachen, in dem man alles bekommt, wonach ich für meine Rezepte lange suchen musste. Vor 13 Jahren war der Koch-Hype noch nicht so ausgeprägt wie jetzt“, erzählt sie.

"Oberkassel. Wo sonst?"

Als das kleine Ladenlokal an der Königswinterer Straße 689 im Jahr 2003 frei wurde, konnte sie ihren Mann überzeugen, denn „alleine geht so was nicht. Er hat mitgezogen, auch wenn er nicht immer von allem so begeistert war wie ich“, erinnert sie sich. Die Standortwahl stand nie zur Diskussion. „Oberkassel. Wo sonst? Es ist mein Heimatort, und ich kenne meine Oberkasseler – das hilft.“ Und sie erinnert sich gut an den Kommentar des ersten Kunden aus dem Ort: „Schöner Laden. Was wir aber brauchen, ist ein Drogeriemarkt.“

In den 13 Jahren haben Martina Schulze und ihr Team etwa 250 000 frische Eier aufgeschlagen, 7000 Kilogramm Butter und 8000 Kilogramm Mehl verbraucht, 4000 Kilogramm Schokolade geschmolzen und zu rund 12 000 Schokotartes sowie mit 5000 Kilogramm griechischem Joghurt zu 12 000 Obsttartes verarbeitet.

Während der Jahre ist ihr aufgefallen, dass Oberkassel sich zwar verändert habe, es sei aber immer noch ein toller Ort mit einer guten Mischung aus Alteingesessenen, „die nicht immer ganz einfach sind“, und Zugezogenen, die „neue Lebendigkeit in den Ort bringen. Altes und Neues mischt sich auch bei den Häusern, die restauriert werden. Es gibt den schönen Wald, Kindergärten, Schulen und viele nette Geschäfte. Und natürlich den Rhein – mein absoluter Ruhepunkt. Meine Mutter hat früher schon immer gesagt: Wenn du Sorgen hast, lauf zum Rhein, vertrau sie ihm an, und er nimmt sie mit. Das mache ich immer noch so. Und es klappt.“

Sie konnte vor Aufregung nicht schlafen

Mit dem Umzug an die Königswinterer Straße 626 war die Option größerer Räume gegeben. „Für die ersten Brunches im neuen Geschäft habe ich noch die halbe Nacht gekocht und konnte vor Aufregung nicht schlafen. Das legt sich Gott sei Dank.“

Was bedeutet für Martina Schulze das Essen? „Der Tisch ist Ort der Kommunikation. Das schönste ist, den Leuten beim Essen zuzuhören. Man hört nur Besteck auf Tellern klappern, leises “hmm„ und “ohhh„. Man hört förmlich, wie sich Wohlbefinden breit macht.“ Man spürt Martina Schulzes Liebe zu den Dingen, die sie tut.

Das ist ein Geheimnis ihres Erfolgs. So wie der hundertprozentige Einsatz und die Leidenschaft für gute Lebensmittel. Aber sie beklagt, dass „viele Menschen die Qualitätsunterschiede nicht mehr erkennen. Sie essen sich krank.“ Die Leidenschaft fürs Kochen hat sie wohl von ihrer Mutter – der Oma Anni – mitbekommen. Sie sei in der Küche groß geworden und habe schon als kleines Kind an den Töpfen gestanden.

Silvester beginnt also ein neuer Lebensabschnitt. Die Stammkunden haben die Nachricht einerseits bekümmert aufgenommen, andererseits mit Verständnis. „Da kommen so Sprüche wie: Schrecklich für uns, wie schön für Sie. Dann wird mir bewusst, dass man doch etwas Schönes geschaffen hat. Auch wenn es jetzt zu Ende ist.

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