Eindruck einer Fabrikhalle Sankt Paulus in Beuel ist Kirche mit Licht und Dunkelheit

Beuel · Die Kulturwissenschaftlerin Dorothee Haentjes-Holländer führt durch St. Paulus und öffnet den Blick für die Schönheiten. Licht und Schatten gehören zum Konzept des Architekten Dominikus Böhm.

 Warmes Licht fällt durch die der Gotik nachempfundenen Rosette.

Warmes Licht fällt durch die der Gotik nachempfundenen Rosette.

Foto: Max Malsch

Ganz unauffällig steht die Kirche St. Paulus inmitten der Industriebauten an der vielbefahrenen Siegburger Straße im Osten Beuels. Für die Kulturwissenschaftlerin Dorothee Haentjes-Holländer handelt es sich bei dieser Kirche um ein hochinteressantes Stück Sakralarchitektur. Deshalb hatte sie auch zu einer ersten Führung eingeladen.

St. Paulus erscheint als blockhaft geschlossener, zurückgesetzter Bau. Dadurch, dass die Kirche zurückgesetzt und der Platz bewachsen ist, erinnert dieser Vorhof Haentjes-Holländer an ein „Paradies“. In der mittelalterlichen Architektur ist das „Paradies“ ein mit Mauern und einem Säulengang umfriedeter Vorhof von Gotteshäusern.

Eindruck einer Fabrikhalle

Betritt man die Kirche, entsteht als erstes der Eindruck einer Fabrikhalle. Zwar befindet sich im engen Eingangsbereich auch ein Taufbecken, doch zwischen den Metalltüren würde auch eine Stechuhr mit Stempelkarten nicht verwundern. Und dann das Kirchenschiff: dunkel, hoch, schmal, ohne die sonst von Gotteshäusern gewohnte Symmetrie. Seitlich öffnet sich das Mittelschiff auf der Nordseite zu einem sehr niedrigen Seitenschiff.

Der erhöhte Altarraum erhält Licht aus dem Norden durch hohe Chorfenster; die südliche Altarseite ist gekennzeichnet von Durchblicken auf die Orgel. Und dann die kahle, große Wand gen Süden, ohne Seitenschiff und mit den klitzekleinen Fensterchen ganz oben, die eher Schießscharten als Lichteinlässen gleichen. Lediglich durch die große Fensterrose an der Westseite, einem Stilelement gotischer Architektur, dringt warmes Licht in die Kirche.

Doch diese Kirche ist nicht irgendeine Dorf- oder Stadtkirche – und sie hat ihre ganz eigene Schönheit. Sie wurde entworfen vom bekannten Kölner Kirchenbaumeister Dominikus Böhm (1880-1955) und sie wurde unter der Leitung seines Sohnes Gottfried in den Jahren 1957-1958 erbaut. Das Licht beziehungsweise die Dunkelheit, das war Böhms Plan, ist Haentjes-Holländer überzeugt. Aber sie ist noch von etwas ganz anderem überzeugt: dem dritten, dem fehlenden Kirchenschiff. „Das ist die Jutefabrik, die auch die Funktion hat, das Paradies zu begrenzen.

Kein Geld für Investitionen

St. Paulus hat bis heute ein großes Problem: Es ist zu wenig Geld da. Schon in der Bauphase wurde gespart – zulasten der Ausstattung. Alt-Beueler erinnern sich vielleicht noch an den legendären Pfarrer Adam Bodewig, „der gut kötten konnte“. Seit vielen Jahren wird die Kirche von der anglikanischen Gemeinde St. Boniface genutzt, zuvor von der spanischen Gemeinde in Bonn. Eine katholische Messe findet nicht mehr statt. Diakon Klaus Behne bemüht sich, St. Paulus als Kirche und als Kulturort aufrechtzuerhalten.

Dorothee Haentjes-Holländer führt nicht nur durch diese Kirche, sie plant, die Baugeschichte und die Ergebnisse ihrer Forschungen durch eine Publikation mit dem Geschichts- und Denkmalverein Bonn Rechtsrheinische der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. „Geliebt wurde diese Kirche nie. Ich möchte das ändern durch einen neuen Blick darauf, denn man sieht nur, was man weiß.“

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