Vilich-Müldorf Sängerkreis löst sich nach 114 Jahren auf

Vilich-Müldorf · Höhen und Tiefen hat der Verein überlebt, zwei Weltkriege sowie die mühsamen Jahre des Wiederaufbaus überstanden. Doch jetzt steckt der „Sängerkreis gemischter Chor Bonn-Vilich-Müldorf“ in der schwersten Krise seiner Geschichte. Er steht vor der Auflösung, weil der Nachwuchs fehlt.

„Es geht nicht mehr. Wir werden den Verein auflösen“, erklärt Dörthe Friedrich-Heinrich, die Vorsitzende des Chors. „Diese Entscheidung tut wirklich weh“, ergänzt Wolfgang Heinrich, der ebenfalls über Jahrzehnte im Vorstand gearbeitet hat. „Aber es ist auch nicht schön zu sehen, wie das Leben langsam aus dem Verein verschwindet.“ Noch einmal werden sich die Vilich-Müldorfer Sänger am 13. Mai im Beueler Heimatmuseum treffen, um langjährige Mitglieder zu ehren. „Am 22. Mai werden wir dann bei einer außerordentlichen Versammlung die Vereinsauflösung beschließen“, erklärt die Vorsitzende. Bis Ende Juni sollen dann alle Formalitäten erledigt sein.

Dabei teilt der Verein das gleiche Schicksal wie unzählige Singgemeinschaften im Land. „Wir finden keine neuen und vor allem junge Mitglieder mehr“, begründet Agnes Kohmanns das Dilemma. „Bei uns liegt das Durchschnittsalter bei 75 plus.“ Und mit den Jahren würde sich nicht nur die Stimme verändern, „auch das Gehör lässt nach“, weiß die Sängerin. „Uns fehlen vor allem Sopran und Tenor“, ergänzt Dörthe Friedrich-Heinrich. Zwar könnte man auf ein volkstümliches Lied-Repertoire zurückgreifen. „Aber wenn man wie wir anspruchsvolle Konzerte gegeben hat, dann will man keine Volkslieder singen“, begründet sie die Entscheidung.

Am 18. Januar 1903 trafen sich sieben junge Männer aus den Reihen des Junggesellenvereins, um den „MGV Vilich-Müldorf“ zu gründen. Während der beiden Weltkriege ruhte das Vereinsleben komplett, weil fast alle Sänger eingezogen worden waren. „Aber am 6. Januar 1946 traf man sich erstmals wieder zum Proben“, entdeckte Friedrich-Heinrich ein entsprechendes Protokoll in alten Vereinsunterlagen. Ende 1946 sangen bereits wieder 33 Männer aus dem Ort mit. Ihnen wurde aber schnell klar, dass etwas Entscheidendes fehlt. „Frauenstimmen“, ruft Dörthe Friedrich-Heinrich lachend. Deshalb wurden im November 1967 erstmals Frauen aufgenommen. „So kam auch ich in den Verein. Ich war eine der ersten Sängerinnen“, erinnert sich Agnes Kohmanns gerne zurück.

Doch nicht nur gemeinsame Chorproben schweißten die Vilich-Müldorfer zusammen. „Wir haben wirklich schöne Konzertreisen unternommen. Nach Paris, Prag oder Antwerpen. Das waren einmalige Erlebnisse, die ich nicht missen möchte“, so Kohmanns. „Nicht nur das“, ergänzt Wolfgang Heinrich, „der Verein hat 74 Kappensitzungen und 75 Seniorennachmittage organisiert. Der Sängerkreis war immer ein bedeutender Teil des Orts.“ So bedeutend, dass der Komponist Willi Trapp eigens für den Chor zwei Stücke geschrieben hat. „Die Partituren werden wir dem Heimatmuseum übergeben. Ebenfalls die Medaillen und Plaketten, die wir im Laufe der Jahre erhalten haben“, verspricht die Vorsitzende.

Bei dem wirklich allerletzten offiziellen Auftritt am 13. Mai ab 15 Uhr im Heimatmuseum wird sie die letzten Ehrungen in der Vereinsgeschichte vornehmen. Für ihre 50-jährige Treue werden Christa Bärhausen, Doris Hatzfeld, Magdalena Kess, Agnes Kohmanns sowie Resi Riquier ausgezeichnet. 30 Jahre dabei sind Wolfgang Heinrich und Heinz Meurer. Auch sie bekommen bei dieser Gelegenheit eine Urkunde.

Einige Sänger haben sich bereits anderen Vereinen angeschlossen, andere ziehen sich komplett zurück. „Ich werde in Zukunft mit meinen sieben Enkeln singen. Das hält fit“, lacht Wolfgang Heinrich. Nur die aktuelle Musik sei für ihn teilweise doch sehr gewöhnungsbedürftig.

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