Jugendkriminalität Polizei hat Jugendtreffpunkte im Blick

OBERKASSEL · Seit zwei Monaten ist es nach Auskunft der Polizei ruhig auf den Straßen im Ort. Dass das Thema Jugendkriminalität die Oberkasseler immer noch bewegt, zeigte sich am Dienstagabend nicht zuletzt an der Verweildauer der 70 Gäste beim Stammtisch des Bürgervereins.

Fast drei Stunden lang sprachen sie mit dem Ersten Polizeihauptkommissar Bernd Kluth und Udo Falk von der Jugendgerichtshilfe über ihre Ängste und Bedenken.

Moderiert wurde die Veranstaltung im Tambourcorpsheim von Karl Waldecker. Und er wollte zu Beginn von Kluth, der auch Leiter der Wache Ramersdorf ist, wissen, wie diese denn personell aufgestellt sei. „Wir sind so gut versorgt wie noch nie, seit wir in das neue Polizeipräsidium gezogen sind“, meinte Kluth. 75 Beamte stünden ihm für alle Schichten für den rechtsrheinischen Bereich inklusive Königswinter und Bad Honnef zur Verfügung. Als eine Bürgerin sich dafür interessierte, wie viele Beamte für Oberkassel abgestellt seien, musste der Polizist passen: „Das lässt sich schwer sagen, aber wir fahren auch hier Streife.“

Das Thema Jugendliche sei aber kein für Oberkassel spezifisches, meinte Kluth. „Wir haben von Geislar bis Bad Honnef 35 Treffpunkte, die wir im Auge behalten.“ Auf Nachfrage sagte er, dass zum Beispiel das Oberkasseler Bootshaus nebst Spielplatz, der Platz gegenüber von Café Breuer oder das Gässchen hoch zum Büchel abends von jungen Leuten angesteuert würden. „Aber 95 Prozent von denen benehmen sich ordentlich“, betonte er.

Ob denn in der Bande auch Oberkasseler mitgemischt hätten, wollte ein Mann wissen. Kluth entgegnete, dass die 15 Mitglieder aus verschiedenen Bonner Stadtteilen stammen würden, wenige aus Oberkassel. Bei den meisten habe es sich um Jugendliche aus bildungsfernen Familien mit Migrationshintergrund gehandelt, die Gleichaltrige an Bahnhaltestellen abgefangen und überfallen und ausgeraubt hätten. „Denn Nike-Schuhe möchten sie haben, auch wenn sie die Schule abgebrochen und keine Lehrstelle haben“, so Kluth.

Eine Bürgerin war beruhigt, als sie hörte, dass das Einsatzgebiet der Täter eher zufällig beziehungsweise wegen der Straßenbahnlinie ausgewählt worden war. Von 41 angezeigten Überfällen in Beuel 2013 hätten „nur“ elf auf Oberkasseler Gebiet stattgefunden, führte Kluth aus. Über diese statistische Erfassung regte sich ein betroffener Vater auf. „Die Disco Funpark und das Bootshaus sind für uns auch wichtig, tauchen aber nicht in der Statistik auf.“

Beide Orte liegen auf Königswinterer Gebiet. Kluth meinte, auch dort würde vermehrt Streife gefahren, an der Disco seien Hundestaffeln im Einsatz. Warum nach den langen Ermittlungen nur zwei Mitglieder der Bande in Haft seien und einer eine Haftverschonung erhalten habe, wollte einer Frau nicht einleuchten. „Beim Jugendstrafrecht steht der erzieherische Gedanke im Vordergrund“, sagte Udo Falk. Der Fachdienstleiter des Jugendamtes begleitet mit seinem Team strafmündige Jugendliche vor und während eines Verfahrens. „Jugendkriminalität ist weit verbreitet, aber sie ist in der Regel episodenhaft und bagatellmäßig“, sagte der Fachmann. Das, was in Oberkassel stattgefunden habe, sei schon an der Spitze der Kriminalität. Diese Jugendlichen würden denken: „Ich bin wer, wenn die Leute Angst vor mir haben.“

Die Jugendgerichtshilfe schreibe die Jugendlichen an und biete – auf freiwilliger Basis – Hilfsangebote wie Schuldner- oder Drogenberatung an. „Manchen muss man aber auch erst mal erklären, dass es im Prozess nicht zugeht wie bei Richterin Salesch“, so Falk. Eine Zuhörerin und Mutter begrüßte, dass Falk Einblick in die Täterpsychologie gab, wollte aber auch Ratschläge für potenzielle Opfer hören. „Geben Sie Wertgegenstände bei einem Überfall immer raus“, riet dieser.

Die Oberkasseler hoffen, das wurde deutlich, dass nun wieder Platz ist für andere Themen im Ort.

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