Plastiktüte nein danke! Konsequent gegen die Plastikflut

BEUEL · Zum vierten Mal ruft der Beueler Verein Abenteuer Lernen in diesem Jahr zum Plastikfasten auf. Diesmal sollen vor allem die Einzelhändler mit ins Boot geholt werden, damit sie ihre Kunden zum Verzicht animieren. Mit Erika Luck-Haller und Ruth Dobrindt sprach Johanna Heinz.

 Statt einer Wegwerf-Tüte nehmen Erika Luck-Haller (l.) und Ruth Dobrindt lieber einen wiederverwendbaren Stoffbeutel mit.

Statt einer Wegwerf-Tüte nehmen Erika Luck-Haller (l.) und Ruth Dobrindt lieber einen wiederverwendbaren Stoffbeutel mit.

Foto: Max Malsch

Wir sind im Alltag von Plastik umgeben - vom Handy, über Autoteile bis zu Möbeln: Ist konsequenter Verzicht da überhaupt möglich?
Ruth Dobrindt: Es stimmt: Wir leben mittlerweile im Plastik-Zeitalter. Aus dem Alltag ist es nicht mehr wegzudenken. Uns geht es aber vor allem um das viele Einwegplastik, das wir kaufen und dann sofort wieder wegschmeißen. Die Plastiktüte ist der Aufhänger der ganzen Aktion, weil sie aus unserer Sicht am überflüssigsten ist. Die Lebensdauer einer Plastiktüte beträgt weniger als 25 Minuten. Und die Flut an Plastiktüten ist extrem hoch, wir verbrauchen in Deutschland pro Kopf 71 im Jahr, in anderen Ländern noch viel mehr. Darauf wollen wir aufmerksam machen und ein Umdenken in Gang setzen.

Erika Luck-Haller: Vielen ist überhaupt nicht bewusst, dass es einen Rohstoff braucht, um Kunststoff herzustellen. Wenn wir in unseren Kursen Kinder fragen, woraus Kunststoff gemacht wird, kommen die auf alles Mögliche, aber keiner kommt auf Erdöl. Dass jede Plastiktüte das Doppelte ihres Gewichts an Erdöl verbraucht hat, ist kaum jemandem bewusst. Wir wollen aber auch ein gutes Gefühl vermitteln - nämlich, dass man tatsächlich etwas tun kann. Das funktioniert in meinen Augen auch viel besser, als ein Verbot von oben.

Es gibt immer wieder Stimmen, die sagen: Ein Stoffbeutel oder Becher aus Stärke ist auch nicht umweltfreundlicher in der Herstellung ...
Dobrindt: Die Alternative ist nicht, auf andere Rohstoffe zurückzugreifen, die auch wieder - der eine mehr, der andere weniger - Ressourcen verbrauchen. Für uns ist die Alternative einfach, keine neue Tüte zu nehmen, sondern eine schon vorhandene, ein Netz, oder einen Korb, meinetwegen auch eine Plastiktüte.

Fällt es Ihnen schwer, auf die Plastiktüte zu verzichten?
Luck-Haller: Ich habe mich auch richtig umerziehen müssen. Das ist mir am Anfang ganz schwergefallen. Es ist ein Automatismus: Erstens bekommt man Plastiktüten überall zugesteckt. Und ich habe auch nie daran gedacht, eine Tasche mitzunehmen. Da entstehen manchmal absurde Situationen. Ich weiß noch, dass ich eine große Tasche gekauft habe und komme aus dem Laden heraus und denke: Was mache ich hier eigentlich? Ich habe die Tasche in einer noch viel größeren Plastiktüte getragen.

Dobrindt: Gerade beim Einkauf von Kleidung ist die Ware schon in der Plastiktüte, bevor man bezahlt hat. Du musst dir angewöhnen, zu sagen: Nein, ich möchte es ohne. Meine Erfahrung ist aber, dass die Verkäufer darauf sehr gut reagieren. In diesem Jahr richtet sich unser Projekt vor allem an den Einzelhandel. Die meisten Verkäufer sind dankbar, wenn sie diese Plastikflut nicht haben. Es kostet die Unternehmen ja auch, die Tüten zu kaufen.

Luck-Haller: Es gibt einen Unterschied zwischen Inhaber geführten kleinen Geschäften und den großen Ketten, wo sich die Geschäftsleitungen viel schwerer tun. In diesem Jahr findet das Plastikfasten das erste Mal in Kooperation mit der Stadt Bonn statt. Finanziert ist das Projekt durch die Stiftung Umwelt und Entwicklung NRW. Es geht darum, dass wir nicht nur die einzelnen Bürger ansprechen, sondern versuchen, den Einzelhandel unter dem Motto "Da simmer dabei" mit ins Boot zu holen. Wir setzen darauf, dass die Bonner daran interessiert sind, als UN-Stadt auch für Nachhaltigkeit zu stehen. Bei der ganzen Düsternis, die im Moment hier durch die schwierige Finanzlage herrscht, glauben wir, dass das auch eine gewisse Identität schaffen kann.

Dobrindt: Der Einstieg ist relativ einfach. Es müssen nicht sofort alle Plastiktüten aus dem Laden verbannt werden. Alle, die mitmachen, verpflichten sich dazu, auf die Aktion aufmerksam zu machen und ihre Kunden zu motivieren, auf eine Plastiktüte zu verzichten. Was nicht heißt, dass man keine rausgeben darf, wenn der Kunde das wünscht.

Wie ist die Resonanz ?
Dobrindt: Bisher machen rund 30 Geschäfte mit. Unser Ziel ist es, bis Ostersonntag immer mehr dazuzubekommen.

Kann ich mich auch als Privatpersonen beteiligen?
Dobrindt: Natürlich sind auch alle Bürger aufgerufen, die Fastenzeit zu nutzen, um auf die Plastiktüte zu verzichten. Wir sind auch froh, wenn viele ihre Geschäfte um die Ecke motivieren, auch mitzumachen. Jede Plastiktüte, die nicht genommen wird, ist ein Beitrag.

Und nach der Fastenzeit?
Dobrindt: Unsere Hoffnung ist natürlich, dass Menschen auch darüber hinaus auf Plastiktüten verzichten. Man kann es sich antrainieren.

Weitere Infos zum Plastikfasten auf www.plastiktüte-nein-danke.de. Informationen zum Verein Abenteuer Lernen, der sich für Bildung und Inklusion einsetzt, gibt es auf www.abenteuerlernen.org

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